Die Bestandeskarte wurde anhand einer Orthophoto
(geflogen von Swissair Photo + Vermessung AG am 7. März 1990) im Massstab
1:5'000 und einer zweimaligen Verfikation im Gelände erstellt. Planauswertung
und Erstellung der Bestandestabellen wurde mit einem Geographischen Informationssystem
(ArcInfo) vorgenommen. Diese forsttechnischen Arbeiten besorgte das Büro
für Landschaftspflege, Horgen (T. Weibel).
Die in der Bestandeskarte dargestellten Bestände
wurden mit einem dreistelligen Code für Alter, Mischungsverhältnis
und Hauptbaumart umschrieben. Die Bestände sind abteilungsweise durchnummeriert
(z.B. der siebente Bestand der Abteilung 15 trägt die Nummer 1507)
und entsprechend der Altersklasse farblich hervorgehoben (Code und Darstellung
analog kantonalen Richtlinien von 1983, aber nicht identisch mit Wirtschaftsplan
1981).
In der Bestandeskarte (Anhang) sind alle Bestände
mit einer minimalen Flächenausdehnung von 5 Aren ausgeschieden. Der
dreistellige Code ist wie folgt definiert:
- erste Ziffer: Altersklasse
1.. Jungwuchs/Dickung | 0 - 20 Jahre |
2.. Stangenholz | 20 - 40 Jahre |
3.. schwaches Baumholz | 40 - 60 Jahre |
4.. mittleres Baumholz | 60 - 80 Jahre |
5.. Altholz I | 80 - 100 Jahre |
6.. Altholz II | 100 - 120 Jahre |
7.. Altholz III | über 120 Jahre |
0.. stufige, ungleichaltrige Bestände |
- zweite Ziffer: Mischungsverhältnis Laub-/Nadelholz
.1. Nadelwälder mit | über 90% Nadelholzvorrat |
.2. Nadelmischwälder mit | 50 - 90% Nadelholzvorrat |
.3. Laubmischwälder mit | 50 - 90% Laubholzvorrat |
.4. Laubwälder mit | über 90% Laubholzvorrat |
- dritte Ziffer: Hauptbaumart
..0 Rottanne | ..5 Buche |
..1 Weisstanne | ..6 Eiche |
..2 Waldföhre | ..7 Esche |
..3 Lärche | ..8 Ahorn |
..4 übriges Nadelholz | ..9 übriges Laubholz |
Der Zustand der städtischen Waldungen im Sihltal
kann aufgrund von Bestandeskarte und pflanzensoziologischer Kartierung
wie folgt umrissen werden:
Entwicklungsstufe | Fläche in | Mischungs- verhältnis Nd/Lbholz *) | Teilflächen | grosse
Komplexe |
|||
ha | % | Anz. | mittl.
Fläche |
Anz | Fläche | ||
Jungwüchse/ Dickungen | 82 | 8 | 17:5:11:67 | 194 | 0.42 | 2 | 35 |
Stangenholz | 116 | 11 | 38:10:13:39 | 199 | 0.58 | 4 | 67 |
schw. Baumholz | 35 | 3 | 7: 8:59:26 | 39 | 0.87 | 1 | 12 |
mittl. Baumholz | 262 | 26 | 5:22:34:39 | 114 | 2.30 | 4 | 208 |
Altholz I | 257 | 25 | 5:34:24:37 | 110 | 2.34 | 3 | 133 |
Altholz II | 130 | 13 | 3:11:25:61 | 54 | 2.41 | 1 | 68 |
Altholz III | 27 | 3 | 0:24:23:53 | 19 | 1.41 | - | - |
stufig/ungleichaltrige Bestände | 104 | 10 | 0: 3:58:39 | 34 | 3.07 | 2 | 60 |
ganzer Wald | 1013 | 100 | 9:19:29:44 | 763 | 1.33 | 17 | 583 |
1. Zahl: % der Fläche mit über 90% Nadelholzvorrat
2. Zahl: % der Fläche mit 50-90% Nadelholzvorrat
3. Zahl: % der Fläche mit 50-90% Laubholz
4. Zahl: % der Fläche mit über 90% Laubholz
Tab. B-4: Zustand der Waldungen gem.
Bestandeskarte und pflanzensoz. Kartierung
- Stangenholz (20-40 Jahre): die Hälfte
der Stangenholzbestände ist von Nadelhölzern dominiert, wovon
nochmals über 90% (oder mehr als 50 ha) die Rottanne als Hauptbaumart
haben; diese Bestände sind bezeichnend für die Zeit, in der sie
angelegt wurden (1950-1970): der Nadelholzanteil wurde als zu gering empfunden;
Rationalisierung, Arbeitstechnik, Mechanisierung und schematischer Waldbau,
wofür sich die Rottanne bestens eignet, zählten mehr als die
Natürlichkeit der Wälder; der Fichtenanbau schien einziges Mittel
gegen zunehmende Wildbestände; vier grössere Komplexe von 15
bis 20 ha
- schwaches Baumholz (40-60 Jahre): geringer
Flächenanteil; stammen aus der Zeit, in der Vorratsäufnung -
zu Recht - Hauptsorge war; erfreulich grosser Flächenanteil (85%)
mit mehrheitlich Laubholz
- mittleres Baumholz/Altholz I (60-100 Jahre):
umfassen zusammen mehr als die Hälfte des Sihlwaldes und stammen zu
einem grossen Teil aus der Zeit, als U. Meister dem Stadtforstamt vorstand;
drei grosse Komplexe von je 90 bis 130 ha (Abt. 2 bis 7, 9 bis 15 und 22
bis 27; Gesamtfläche 341 ha) z.T. als Folge der Schneebruchkatastrophe
von 1885; rund zwei Drittel der Bestände sind von Laubholz dominiert
und nur ein geringer Anteil (5%) trägt mehr als 90% Nadelholz.
- Altholz II (100-120 Jahre): geringerer Anteil
als mittleres Baumholz und Altholz I; mehrheitlich (zu 86%) laubholzdominierte
Bestände; ein grösserer Komplex von 68 ha in den Abteilungen
16, 17 und 19
- Altholz III (über 120 Jahre): äusserst
geringer Anteil als Folge der Verjüngungstätigkeit in der Zeit
von 1950-1985; keine grösseren Komplexe mehr vorhanden; drei Viertel
der Bestände von Laubholz dominiert
- stufige, ungleichaltrige Bestände:
nehmen einen Zehntel der Waldfläche ein, mit wenigen Ausnahmen nur
Steilhänge, Tobel und Einzugsgebiete von Waldbächen; nicht bewusste
Waldbehandlung, sondern topographische Gegebenheiten haben zu Ausbildung
der meisten dieser ökologisch wertvollen Waldbestände geführt.
- ganzer Wald: der Nachlass von 100 und mehr
Jahren bewegter Vergangenheit prägen das heutige Waldbild; ausgedehnte
gleichaltrige und gleichförmige Bestände stocken auf mehr als
der Hälfte der Fläche; auf annähernd drei Vierteln der Ausdehnung
steht mehrheitlich Laubholz, auf 44 Flächenprozenten gar über
90% Laubholz
- Bestände unter 2.5 ha bedecken 40% der Waldfläche
- lediglich ein Drittel der Waldfläche bestocken Bestände mit einer Fläche von mehr als 5 ha
- die mittlere, flächengewogene Ausdehnung der Waldbestände im Sihlwald beträgt 3.2 ha
- Grossbestände von mehr als 10 ha machen nur
einen Achtel der Waldfläche aus.
Fig. B-3: Summenkurve Waldfläche
nach Bestandesgrössen
An drei repräsentativ ausgewählten Standorten wurden Probestreifen unterschiedlicher Grösse angelegt:
- Schönboden, Abt. 3, 5.0 a, Breite des Streifens: 2 x 5m, Länge 50,3m
- Roosevelt-Platz, Abt. 20, 11.3 a, Breite des Streifens
2 x 10m, Länge 58,26m
Die Profilflächen können wie folgt charakterisiert
werden:
- Schönboden: nach Bestandeskarte ein
mittleres Baumholz (60 - 80 Jahre) mit über 90% Laubholz und der Hauptbaumart
Buche. In der Oberschicht (ca. 23 - 35 m) stehen sieben Buchen und sechs
Eschen, die ein nahezu geschlossenes Kronendach bilden und von einer grösseren
Buche von knapp 40 m überragt werden (einzelne das Kronendach überragende
Bäume werden dereinst typisch sein für Naturwald). Die Mittelschicht
(10 - 22 m) ist - mit fünf Buchen und einer Rottanne - etwas individuenärmer.
In der Unterschicht stehen dagegen rund 250 Buchen mit einer Beimischung
von lediglich zwei, drei Bergahornen. Die waldbauliche Beschreibung gibt
Deckungsgrade von 90/30/30% (Ober-, Mittel-, Unterschicht) an. Dieser Bestandestyp
ist ausgesprochen häufig im Sihlwald: die mittleren Baumhölzer
nehmen einen Viertel der Fläche ein, solche mit mehrheitlich Laubholz
rund 190 ha und diejenigen des gleichen Bestandestyps (mittl. Baumholz/über
90% Laubholz/Hauptbaumart Buche) 100 Hektaren.
- Roosevelt-Platz: nach Bestandeskarte ein
Altholz III (über 120-jährig) mit über 90% Laubholz und
Hauptbaumart Buche. In der gut geschlossenen Oberschicht stehen zehn Buchen,
zwei Bergahorne und eine Esche mit Baumhöhen zwischen 26 und 39 m.
Die Mittelschicht (13 - 25 m) ist mit einem guten Dutzend Buchen, zwei
Bergahornen und einer Weisstanne für den Sihlwald wahrscheinlich überdurchschnittlich
besetzt. In der Unterschicht stehen rund 160 oft schon 8 bis 10 m hohe
Bäume, zum überwiegenden Teil Buchen mit einigen beigemischten
Bergahornen, Ulmen sowie je eine Rot- und Weisstanne. Das Alter beträgt
über 160 Jahre, der Deckungsgrad in Ober-, Mittel- und Unterschicht
auf 80/10/30%.
Mit der Inventur 1990 wurde zum ersten Mal die gesamte Waldfläche,
also nicht nur die bewirtschaftbaren Teile erfasst. Auf der Waldfläche
von rund 1013 ha waren in einem 2-Hektarenraster 506 Probeflächen
aufzunehmen.
- Brusthöhendurchmesser und Baumart aller Bäume mit mehr als 8 cm Stammstärke auf einer Kreisfläche von 3.14 a (R=10m)
- Durchmesser in 7 m Höhe und Baumhöhe von über 600 Tarifprobebäumen zur Berechnung der Gesamttarife (Auswahlregeln siehe Aufnahmeanleitung)
- Jungwalddaten auf einer Fläche von 0.5 a
- Zusatzaufnahmen (siehe Tabelle B-5 nächste Seite)
Die Probeflächen wurden gemäss Bestandeskarte dem jeweiligen Bestandestyp zugeordnet und diese wiederum - zur Straffung der Auswertung - zu neun Auswerteeinheiten zusammengefasst:
- Blössen/Landwirtschaft
- Jungwüchse/Dickungen
- nadelholzreiche Stangenhölzer und Baumhölzer I
- laubholzreiche Stangenhölzer und Baumhölzer I
- nadelholzreiche Baumhölzer II
- laubholzreiche Baumhölzer II
- nadelholzreiche Starkhölzer
- laubholzreiche Starkhölzer
- stufige Bestände
Die ausgeschiedenen Auswerteeinheiten stimmen nicht mit den 1981 verwendeten
überein.
Die EDV-Auswertung erfolgte mit den entsprechenden WSL-Programmen in
drei getrennten Blöcken:
- dem PROBEFLAECHEN-Programm: Auflistung - je Probefläche - von: Stammzahl, Holzvolumen, Volumen und Durchmesser Mittelstamm, Stammgrundfläche, Nadelholzanteil, Volumenprozente der einzelnen Baumarten, Oberhöhe, Alter, Volumenzuwachs, mittlerer Durchmesserzuwachs, Anzahl genutzte Stämme, Nutzungsvolumen total und in % Anfangsvorrat sowie Mittelstammvolumen der Nutzung; gruppiert nach Revier und Auswerteeinheit
Schritt/Vorgang | Inventur 1990 | Inventur 1981 |
Stichprobenerhebung | ||
Netz |
|
|
Zeitpunkt Aufnahme | Mitte Februar bis Ende März | Juni bis September |
Anzahl Probeflächen | 506 | 484 |
erfasste Waldfläche | 1012 ha nach Anzahl Probeflächen; 1012.76 ha nach Bestandeskarte | 952 ha (nicht inventiert wurden: ganze Abt.18 und Teile der Abt. 11/24/26/30/31/35/41) |
Kluppierschwelle |
|
|
Kreisfläche der SP |
|
|
Zusatzaufnahmen | diverse Erstaufnahmen wie: Witterung, Exposition, Relief, Nutzung, Totholz, Raumeindruck, Baumdaten Jungwuchsdaten | keine |
Auswertung |
|
|
Anzahl Auswerteeinheiten (Zusammenfassung ähnlicher Bestandestypen) | 9 | 10 |
|
||
Tarif | separate "Gesamttarife" Nadelholz und Laubholz | "Einheitstarif" für Nadelund Laubholz |
Tarifvergleich: | nach Tarif 1991 einen Holzvorrat von | nach Tarif 1981 einen Holzvorrat von |
1 ha mit durch- schnittl.Stz-Verteilung 1991 hat: | 321 m3 | 326 m3 |
oder 1.6 % mehr; nach Stärkeklassen 0-IV: -2%, 0%,+3%, +4%, -2% | ||
Zuwachsberechnung | zuverlässige Werte, da + gleiche Inventurmethode und annähernd gleicher Tarif wie 1981 | nur grober Hinweis auf Zuwachsleistung, da Aenderung von Inventur- methode (Stichproben statt Vollkluppierung) und Tarif gegenüber 1971 |
Bestandeskarte: | ||
Aufnahme- und Bearbeitungsverfahren | Flug und Orthophotoher stellung durch Swissair; Massstab 1:5'000; Verifi kation durch BfL und anlässlich waldbaulicher Planung | Luftbildinterpretation und terrestrische Verifikation Massstab 1:5'000 |
Planbearbeitung | ArcInfo (geographisches Informationssystem) | manuell |
Der einrichtungstechnischen Analyse kommt im Rahmen
der Reservatsbildung im Sihlwald nicht mehr die gleiche Bedeutung zu, wie
dies in einem traditionellen Wirtschaftsplan der Fall wäre (vgl. dazu
Schlussfolgerungen am Ende dieses Kapitels). Die verschiedenen Parameter
sollen aber - zumindest bis zur nächsten Wirtschaftsplanrevision -
weiterhin beobachtet und analysiert werden.
Die Waldfläche des Sihlwaldes (D-I Tabelle
a) beträgt nach Grundbuch 1013.90 ha, nach Bestandeskarte 1012.76
ha und nach Anzahl Probeflächen 1012 ha. Die in der Folge berechneten
Hektarwerte (sowie die in den Tabellen "Ergebnisse der Forsteinrichtung"
festgehaltenen) beziehen sich auf eine Fläche von 1012.76 Hektaren.
Die Entwicklung des Holzvorrates (D-I Tabelle a) zeigt eine auffällige Zweiteilung der Werte vor 1941 und danach:
. mittlerer Holzvorrat 1880-1931: 242 m3/ha
. mittlerer Holzvorrat 1941-1990: 340 m3/ha
Dieser Sprung dürfte durch das Einwachsen ausgedehnter
Verjüngungsflächen, die vor und nach der Jahrhundertwende angelegt
wurden, bedingt sein. Seit 1941 haben nur noch geringe Verschiebungen stattgefunden.
Naturgemäss steht der Hauptanteil der Holzmasse (41%) in den Starkhölzern
mit einem Alter von mehr als 80 Jahren. Gut ein Viertel des Holzvorrats
steht in Baumhölzern II (60-80 Jahre) und je ein Zehntel in stufigen
bzw. in den unter 20-jährigen Beständen.
Die Stammzahlen (D-I Tabelle a) zeigen eine
stete Abnahme für die Periode von 1931 bis 1971. Die auffällige
Zunahme in den folgenden 10 Jahren ist allein durch die Senkung der Kluppierungsschwelle
von 16 auf 8 cm bedingt. Im Wirtschaftsplan 1981 wird eine tatsächliche
Abnahme errechnet, die den vorgegebenen Trend von 1961 bis 1971 weiterführt,
und der bis heute anhält.
Das mittlere Holzvolumen je Baum (D-I Tabelle
a) ist aus den gleichen methodischen Gründen von 1971 bis 1981 stark
geschwunden. Diese Tatsache zeigt, wie wenig aussagekräftig solche
Zahlen oft sind.
Bei der Entwicklung der fünf Stärkeklassen O-IV (D-I Tabelle e, Fig. B-3) zeigen sich seit 1931 auffällig gleichbleibende Entwicklungstendenzen:
- Der Anteil der Klasse III (36 bis 52cm Durchmesser) hat konstant leicht zugenommen, nämlich von 29 auf 40%.
- Regelmässig und in grossem Umfang - von 7% im Jahre 1931 auf heute 32% - hat die Stärkeklasse IV (über 52cm Durchmesser) zugenommen.
Fig.-B-5:
Entwicklung der
Alterszusammensetzung 1880 - 1990
Die Zahlenreihen über den Altersaufbau der
Bestände zurück bis ins Jahr 1880 bestätigen die Analyse
der Stärkeklassen: jüngere Bestände (0-60-jährig) zeigen
eine abnehmnde Tendenz, die älteren dagegen eine zunehmende (vgl.
Fig. B-5). Unkohärente Entwicklungen, wie sie einzelne Kurven zeigen,
müssen wahrscheinlich auf methodische Schwächen zurückgeführt
werden, denn bei jeder Revision wird die Alterseinstufung von neuem und
gutachtlich vorgenommen.
Die Zahlenreihe der Baumarten-Anteile (D-I
Tabelle g) reicht nur bis ins Jahr 1941 zurück und zeigt eine deutliche
Zunahme aller Laubbaumarten (mit Ausnahme der Eiche) auf Kosten von Rottanne,
Weisstanne und Föhre. Hielten sich früher Laub- und Nadelholz
in etwa die Waage, so steht heute rund anderthalb mal soviel Laubholz im
Sihlwald wie Nadelholz. Sowohl absolut als auch anteilsmässig ist
der Bestand an Nadelhölzern (Rottanne, Weisstanne, Föhre, Lärche,
nicht aber Eibe) um 6% auf einen Massenanteil von 39% zurückgegangen.
In besonderem Masse davon betroffen sind die Rottanne (Reduktion um 20'600
m3 oder von 28 auf 25%) und die Weisstanne (um 10'600 m3 oder von 11.5%
auf 9,5% Massenanteil). Hauptbaumart bleibt die Buche, deren Anteil von
36 auf 39% gestiegen ist, absolut aber konstant geblieben ist. Auch die
übrigen Laubbaumarten hielten sich in den vergangenen neun Jahren
mehr oder weniger konstant. Interessant ist die Entwicklung des Nadelholzanteils,
der entgegen der Absichten der Bewirtschafter und Planer, die eine Ausdehnung
auf 60% gefordert hatten, von 45% auf 39% deutlich gesunken ist. Glücklicherweise
hielten die Bewirtschafter - trotz der gesteckten Ziele - seit Meister
(1883) am Prinzip der natürlichen Verjüngung fest. Pflanzungen
wurden in der Regel nur zur Ergänzung des natürlichen Angebots
vorgenommen. Unter dieser Voraussetzung war es offensichtlich kaum anders
möglich, als dass die von Natur aus heimischen Laubbaumarten - trotz
Förderung der Nadelholzkonkurrenz durch die Forstorgane - nach und
nach die Oberhand gewinnen konnten.
Noch nie in der über 100-jährigen Periode,
seit im Sihlwald regelmässig Inventuren durchgeführt werden,
konnte - wie in der vergangenen Periode - ein jährlicher Zuwachs
von 10 m3 pro ha errechnet werden. Die 10 m3/J+ha entsprechen 2.88% des
Anfangsvorrates von 1981, was ebenfalls noch nie erreicht wurde. Nicht
die Tatsache, dass ein so erfreulicher Zuwachs registriert wurde, ist erstaunlich,
sondern viel mehr, dass in den vorangegangenen hundert Jahren von 1880
bis 1981 nie mehr als 8.4 m3/ha und im Durchschnitt gar nur 6.6 m3/ha zugewachsen
sind! Das ist weit unter dem, was nach den ertragstechnischen Berechnungen
zu erwarten wäre. Sowohl für die Laubbäume wie für
die Nadelbäume wurde eine Bonität von 26m ermittelt (als Mass
wird die Höhe der 100 stärksten Bäume je Hektare in einem
Alter von 50 Jahren verwendet). Entsprechend dieser Klassifizierung müssten
im langjährigen Durchschnitt, bei nachhaltigem Aufbau und der heutigen
Baumartenzusammensetzung folgende Holzmengen auf jeder Hektare des Sihlwaldes
zuwachsen:
. Laubholz (Buche) 13.1 m3 x 59% = 7.7 m3
. Nadelholz (Fichte) 14.5 m3 x 41% = 5.9 m3
insgesamt 13.6 m3
also rund das doppelte dessen, was tatsächlich
zugewachsen ist. Die synoptische Darstellung von Zuwachs, Hiebsatz,
Nutzung und Vorrat in Fig. B-6 zeigt, welcher tiefgreifenden Produktionskrise
der Sihlwald im Laufe des 20. Jahrhunderts ausgesetzt war. Als Folge von
Uebernutzungen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sind Vorrat
und Zuwachs buchstäblich zusammengebrochen. Von verheerender Wirkung
- bis mindestens in die 50er Jahre unseres Jahrhunderts hinein - ist dabei,
dass mit der Anpassung des Hiebsatzes und damit der Nutzungsmengen mindestens
20 Jahre zu lang zugewartet wurde (vgl. Kapitel B-2.5). In Begriffen der
Oekonomie gesprochen wurde im 20. Jahrhundert ausgesprochen schlecht gewirtschaftet:
auf den vorzüglichen Waldböden wurde kaum die Hälfte dessen
produziert, was möglich gewesen wäre, weil einfach das Betriebskapital
in Form von zuwachskräftigen Bäumen nicht vorhanden war.
Die ertragskundlichen Berechnungen wurden nach
Revieren getrennt bearbeitet. Die Unterschiede zwischen dem südlich
gelegenen Revier Sihlwald I und dem nördlichen Sihlwald II sind aber
unbedeutend:
Sihlwald I | Sihlwald II | Sihlw.I in % v. Sihlw.II
(Sw II=100%) |
|
Waldfläche ha | 493 | 520 | 95 |
Holzvorrat in m3/ha | 339 | 324 | 105 |
Stammzahl pro ha | 369 | 407 | 91 |
Mittelstamm m3/Baum | 0.92 | 0.79 | 116 |
Anteil Nadelholz % | 34 | 44 | 77 |
Flächenanteil der
über 60-jähr. Bestände % |
64 | 65 | 98 |
Zuwachs in m3/J+ha | 10.1 | 9.8 | 103 |
Nutzung in m3/J+ha | 13.7 | 12.0 | 114 |
2. Intensive Durchforstung, Vorratsaufbau und Schaffung
stufiger Bestände werden auf Stammzahlen und mittleres Holzvolumen
je Baum sich gegenseitig konkurrenzierende Wirkungen haben: vorratsreiche
Altbäume senken die Stammzahl je Hektar und heben das mittlere Baumvolumen;
aus der Unterschicht nachstossende Bäume bewirken das Gegenteil. Aus
den Zahlen lassen sich deshalb keine eindeutigen Analyse-Elemente ableiten.
3. Dem Altersaufbau ist mit der Ausscheidung
stufiger Bestände auch ein Strukturelement beigegeben, das mit der
Zeit an Bedeutung gewinnen sollte. Vorderhand zeigt sich ein für die
Reservatsbildung erfreuliches Bild: die Mehrheit der Bestände steht
in einem - für einen (gewesenen) Wirtschaftswald - beachtlichen Alter;
in einem konventionellen Wirtschaftsplan würde man bei einem Anteil
der über 60-jährigen Bestände von rund zwei Dritteln zweifellos
"Ueberalterung" beklagen. Bestände von 100 und mehr Jahren, die in
einem Wirtschaftswald als alt gelten, haben im Naturwald, wo Buchen 300
bis 400 Jahre alt werden können, aber noch kaum die Lebensmitte erreicht.
Wenn sie dann gleichzeitig auch noch eine stufige und gemischtaltrige Struktur
erreicht haben werden (bis jetzt wurden lediglich 10% der Waldfläche
als stufig bezeichnet), sind sie auf dem besten Weg dazu, sich der Altersbestimmung
zu entziehen und in ihre Rolle als Bestände eines Buchen-Naturwaldes
hineinzuwachsen.
4. Rottanne, Lärche und Föhre sind in den
heute bestehenden Anteilen für den Sihlwald unnatürlich, wogegen
die Weisstanne möglicherweise weit häufiger vorkommen sollte.
Es ist allerdings nicht eindeutig, wie ein Naturwald im Raum des mittleren
Sihltales aussehen würde und aus welchen Baumarten mit welchen Anteilen
er zusammengesetzt wäre (dazu fehlt es an Vergleichsbeständen).
Nach ELLENBERG und KLöTZLI (1972) kann angenommen werden, dass nahezu
alle der "mittleren" Waldflächen im Naturwald von Buchen (oder allenfalls
Eschen) dominiert würden und dass "stellenweise dominierend" wären:
die Tanne, der Bergahorn, die Linde, die Ulme, die Schwarzerle und die
Hagebuche. Es wäre also keine Rede von Rottanne, Lärche oder
Föhre (mit Ausnahme der wenigen und speziellen Föhrenstandorten).
Man darf also annehmen, dass mit den erwähnten Verschiebungen bei
den Baumarten-Anteilen (6% weniger Nadelholz, 4% mehr Buche) die
Entwicklung in Richtung Naturwald verlaufen ist.
5. Zuwachs und Nutzung sind Grössen,
die im Zuge der Reservatsbildung an Bedeutung verlieren werden. Vorübergehend
- und vor allem in den letzten sechs Jahren - wurde mehr Holz geschlagen,
als zugewachsen ist. Es ist dies auf die grossflächigen Durchforstungsschläge
zurückzuführen, die mit dem Ziel vorgenommen wurden, die ausgedehnten
ein- oder zweischichtigen Kahlschlag-Nachfolgebestände in einen naturnaheren
Zustand zu überführen. Diese Mehrnutzungen sind umso unbedenklicher,
als die davon profitierenden Bäume zweifellos zu grösseren Wachstumschüben
angeregt werden.
6. Die Nachhaltigkeit i.e.S. bezieht sich
immer auf die zu erwartende, im Idealfall gleichbleibende Nutzung (an Holz).
Mit voranschreitender Reservatsbildung soll letztere aber abgebaut und
schliesslich völlig unterlassen werden. Andere nachhaltige Nutzleistungen
des Waldes würden allerdings weiterhin oder sogar erst nach der Reservatsbildung
erbracht: Erhaltung von Waldboden und Wuchskraft, dauernde und hohe Vorratshaltung
an Biomasse, Erhaltung von natürlichen Biotopen, Erholungsnutzen,
Bildungsaufgaben, Landschaftsbild usw. usw.
Im Rahmen der Grundlagenstudien wurde auch die gegenwärtige
Erschliessung des Sihlwaldes analysiert und die Möglichkeit einer
Reduktion des Strassennetzes im Rahmen der Reservatsbildung untersucht
(HüNERWADEL/S.+L.IRMANN-ZIMMERMANN, 1988).
Seit 1930 wurde auf eine konsequente Erschliessung
mit lastwagenbefahrbaren Strassen und traktorbefahrbaren Wegen hingearbeitet.
Die Gesamtlänge der bis heute erstellten Erschliessungseinrichtungen
ist jedoch nicht mit Genauigkeit zu ermitteln, da keine eindeutige Klassifikation
von Strassen und Wegen besteht. Je nach dem, ob eine Waldstrasse, an der
- weil sie als solche nicht mehr benötigt wird - schon längere
Zeit keine Unterhaltsarbeiten mehr ausgeführt wurden, noch
als LKW-Strasse oder schon als traktorbefahrbarer Weg bezeichnet
wird, ändern sich die Längenangaben. Zahlen dazu finden sich
im Wirtschaftsplan 1981, in den Jahresberichten 1981-1990 und in der erwähnten
Grundlagenstudie. Im Vergleich ergibt sich folgendes Bild:
WP 1981 und Jahresberichte | Grundlagenstudie 1988 | |
LKW - Strassen | 56 km | 49 km |
gut befahrbare Erd- + Maschinenwege | 13 km | 20 km |
Total | 69 km | 69 km |
pro ha | 68 m' | 68 m' |
Das Wegnetz im Sihlwald war von Beginn weg auf Traktorbringung
ausgerichtet, d.h. es wurde auf Strassen, auf schlepperbefahrbaren Wegen
oder auf dem Waldboden mit dem Rückefahrzeug so nahe an die gefällten
Stämme herangefahren, dass diese mit dem darauf montierten Seilzug
herangezogen werden konnten (Reichweite 100 bis 150 m). Auf so druckempfindlichen
Böden wie im Sihlwald ist dies - auch bei bester Organisation - keine
besonders pflegliche Arbeitsweise: es bleiben überbeanspruchte Böden,
tiefe Geleise im Bestand und an Wurzelanläufen verletzte Bäume
zurück.
Als Alternative bietet sich heute der Seilkran an:
die Stämme werden in der Luft oder nur mit dem dünneren Ende
am Boden schleifend auf schonende Weise abtransportiert. Die Seilbringungstechnik
hat sich in den letzten zehn bis zwanzig Jahren geradezu revolutioniert:
es gibt heute neigungsunabhängige Allterrain-Verfahren (Seilkrananlagen
mit 3- oder 4-Seilsystemen), mit denen Stämme von einer Waldstrasse
aus bis zu einer Distanz von 600 m erreicht und herangezogen werden können.
Zieht man den Einsatz dieser modernen Bringungsmittel
in Betracht, muss man zum Schluss kommen, dass der Sihlwald übererschlossen
ist, und dass das Strassennetz - gerade im Zuge der Reservatsbildung -
drastisch reduziert werden könnte (vgl. Kap. C- 3.4 und DIII-4.2).
Auf den Werdegang der waldbaulichen Behandlung
- über deren Ergänzung mit Lichtungshieben und konsequenter Niederdurchforstung in den Jungbeständen unter Forstmeister Meister
- bis hin zur nicht ganz konsequenten Einführung des "verfeinerten, schweizerischen Femelschlagbetriebes" gepaart mit dem "Auslese- und Veredelungsverfahren" nach Prof.Schädelin (GUGELMANN/LICHTI, 1962) ab 1930
Obwohl mit dem Femelschlag schweizerischer Prägung
üblicherweise keine stufigen Bestände angestrebt werden, scheint
dies damals - 1930 - eines der Ziele gewesen zu sein. Im Wirtschaftsplan
von 1931 wird bedauert, dass nach einer erstmaligen Verjüngung noch
keine grosse Stufigkeit zu erreichen sei. Dagegen kritisieren Gugelmann
und Lichti (1962) in einem Exposé über den Sihlwald (den "sprunghaften
Uebergang von der Saumschlagwirtschaft zum 'Dauerwaldsystem'". Vor allem
die Nachzucht von Lichtbaumarten sei "mit der Aufgabe der räumlichen
Ordnung unter dem Einfluss der alles beherrschenden Plenteridee" verunmöglicht
worden. Als Zeugen dieser verfehlten Waldbau-Doktrin seien die "zerstreuten
Fichten-Jungwuchsgruppen" im Gebiet des Roosevelt-Platzes anzuführen.
Die räumliche Ordnung wäre nach Gugelmann und Lichti vor allem
durch die Beachtung der Transportgrenzen bei der Verjüngung gegeben.
Eine Sonderstellung nehmen zwei Bestände - 2703 und 2705 - der Abteilung 27 ein: sie wurden vor 120 bis 140 Jahren, also zwischen 1850 und 1870, nach dem sogenannten Gehretschen Vorwaldsytem begründet (Gottlieb Gehret, 1800 - 1869, Forstinspektor in Aarau) oder waren von der waldbaulichen Arbeit, die in Lenzburg geleistet wurde, inspiriert. Anliegen Gehret's war es, das Baumwachstum durch Bodenauflockerung und ein grösstmögliches Mass an Luft und Licht zu fördern. Der Waldboden wurde durch eine landwirtschaftliche Zwischennutzung gelockert. Anschliessend wurden auf der Kahlfläche, wo man sich viel Luft- und Lichtgenuss versprach, als Hauptbestand Reihen von Buchen, Hagebuchen, Eichen u.a.m. gepflanzt. In den Zwischenreihen hat man schnellwüchsige Baumarten wie Lärche, Föhren, Stroben oder Birken eingebracht, die - nach dem Vorbild des Mittelwaldes - schon nach 30 Jahren genutzt werden sollten. Nach weiteren 30 Jahren sollte auch der Hauptbestand geschlagen werden. Wo die Nadelbäume des Vorwaldes gut aufkamen war das Gehretsche Vorwaldsystem ungeplant erfolgreich, denn nicht die als Hauptbaumarten gepflanzten Laubbaumarten, sondern die Föhren, Lärchen, Fichten und einige verbleibende Laubbäume sollten die prächtigen Mischbestände bilden, die weit über die ursprünglich geplanten 60 Jahre stehen blieben. In den zwei Beständen der Abteilung 27 ist das Resultat nicht anders: zu vier Fünfteln besteht die Hauptschicht aus wertvollen Nadelhölzern, wogegen in der Mittel- und Unterschicht zu 90 und mehr Prozenten Laubbäume stocken. Die beiden Bestände umfassen knapp 5 Hektaren und sollten als (forst)geschichtliches Zeugnis erhalten bleiben.
Im übrigen werden bis zum Wirtschaftsplan 1981
keine neuen waldbaulichen Akzente gesetzt; es bleibt - zumindest theoretisch
- beim "verfeinerten Femelschlagverfahren, ohne starres Schema bezüglich
Hiebsart und Umtriebszeit, unter Berücksichtigung von Standort und
angestrebter Baumartenmischung" (Wirtschaftsplan 1971).
In den Wirtschaftsplänen 1951 - 1971 wird eine
zunehmende Ueberalterung der Bestände diagnostiziert. Der Sorge um
einen nachhaltigen Aufbau der Bestände wurden Althölzer bedenkenlos,
aber auch erfolgreich geopfert, denn im Wirtschaftsplan 1981 wird übergangslos
festgestellt, dass "die alten Starkhölzer (100-120 Jahre) massiv untervertreten
sind"! Tatsächlich nahmen sie vor zehn Jahren lediglich noch einen
Anteil von neun Flächenprozenten ein statt sechzehn, wie es sich für
einen nachhaltig aufgebauten Wirtschaftswald mit einer Umtriebszeit von
120 Jahren gehören würde. Auf grosser Fläche vorhanden sind
dagegen 60- bis 100-jährige Bestände, die also 1951 - als erstmals
Ueberalterung festgestellt wurde - nicht mehr als 30-70 Jahre alt gewesen
sein müssen.
Die Aufteilung in Nadel- und Laubholz hat sich in
der Zeit von 1931 bis 1981 nicht im Sinne der Bewirtschafter entwickelt
- auch nicht tendenzmässig. 1931 wurde die Meinung vertreten, dass
der Nadelholzanteil von dazumal rund 47% bis auf 60% ansteigen dürfe,
was aber nicht dazu führen solle, "das Laubholz zu stark einzuschränken".
1981 besteht der Sihlwald aber zum Glück nach wie vor nur zu 45% aus
Nadelholz. Selbstverständlich lässt sich diese Verhältniszahl
nicht leicht manipulieren oder von einer Inventur zur andern umkrempeln.
Es ist offensichtlich, dass Jungbestände, mit denen solche Umstrukturierungen
eingeleitet werden müssen, noch über Jahrzehnte ohne wesentliche
Wirkung auf die Zusammensetzung der Massenanteile sind.
Die Baumartenanteile blieben deshalb in der Zeit
von 1931 bis 1981 bemerkenswert konstant. Einen markanten Rückgang
hat eigentlich nur die Föhre erlitten (von ca. 4.5 auf 2.5 Volumenprozenten),
was auf der andern Seite von der Esche kompensiert wurde (Zunahme von 8
auf 10.5%). Das würde die oben angeführte Feststellung bestätigen,
wonach Lichtbaumarten in allzu kleinflächig geführten Verjüngungshieben
nicht nachgezogen werden können.
Bei der Jungwaldbegründung sind zwei Tendenzen
auffällig und aufschlussreich:
- Der Anteil gepflanzter Nadelbäume wurde in
der gleichen Zeitspanne sowohl absolut als auch - und dies in besonderem
Masse - anteilsmässig gesteigert: von jährlich 3'000 auf 12'000
Stück (in den sechziger Jahren gar 23'000 Stück) bzw. von einem
Anteil von 6% auf 80%! Der Rottanne wurde dabei immer der Hauptanteil zugestanden
(60-80%), was den Autor des Wirtschaftsplanes 1981 doch eher hoch dünkte,
besonders "wenn man bedenkt, dass die Rottanne auch in den Naturverjüngungen
spürbar vertreten ist".
Fremdländische Baumarten wurden im Sihlwald
- sieht man einmal von der Lärche ab - seit jeher praktisch keine
angepflanzt. Schon MEISTER (1903) hat sich kategorisch gegen den Anbau
von Exoten gewandt und nicht einmal der Lärche oder der Schwarzföhre
(wahrscheinlich wegen ungeeigneter Provenienzen) Kredit eingeräumt.
Neue waldbauliche Zielsetzungen wurden - im Hinblick auf das Projekt Naturlandschaft Sihlwald - Mitte der achziger Jahre erarbeitet. In einer Art Vorphase zur vorliegenden Neugestaltung wurden seit 1986 sämtliche Holznutzungen ausschliesslich in Form von Durchforstungen getätigt; dies aus fünf Gründen:
- Für den Fall kommender Kalamitäten soll auf keinen Fall ein Durchforstungs-Nachholbedarf anstehen.
- Nach 1992 wird der Europäische Holzmarkt wahrscheinlich Holzexporte aus der Schweiz erschweren; besser ist es dann, schwache Dimensionen und schlechtere Sortimente genutzt zu haben und statt dessen mit Qualitäts-Sortimenten auf den Markt gelangen zu können.
- Starke Durchforstung bewirkt die Ausformung grosskroniger, tief beasteter Bäume, die Gefahren aller Art besser zu widerstehen vermögen.
- Ein stark durchforsteter Wald mit naturgemässer
Struktur wirkt schöner und entspricht in idealer Weise forstästhetischen
Zielsetzungen.
- Die aktive Rückführung wird von Experten aus den östeuropäischen Urwaldgebieten als gangbarer Weg betrachtet, während Fachleute in Deutschland und Oesterreich jede Lenkung der Entwicklung für überflüssig halten; es besteht unter Experten keine einstimmige oder überwiegende Meinung gegen aktive Gestaltungsmassnahmen.
- Forst- und bestriebspolitisch sind aktive Gestaltungsmassnahmen
vorderhand einfacher zu begründen als der Verzicht darauf.
3.5 Durchforstungs-Versuchsflächen,
Bewirtschaftungsverträge
Sowohl ETHZ wie WSL betreiben im Sihlwald Durchforstungs-Versuchsflächen,
die wie folgt zu charakterisieren sind:
- WSL-Versuchsflächen: die drei heute noch in Betrieb stehenden Flächen wurden 1907 im Birriboden (Abt.12/13) in einem 20-jährigen natürlichen Laubholzbestand (Buche, Esche, Bergahorn) mit beigepflanzten Fichten und Tannen eingerichtet. Sie sollten Aufschluss geben über die Holz- und Wertproduktion bei unterschiedlicher Durchforstungsart. Je eine der drei 20 bis 50 a grossen Flächen wurden hochdurchforstet, eine niederdurchforstet und eine - als Vergleichsfläche - unbehandelt gelassen. 1947 und 1959 wurden von der WSL Ergebnisse dazu zusammengestellt. Danach ist festzuhalten, dass
* 1947 der Holzvorrat in der unbehandelten Fläche am grössten war (1'510 Bäume mit 629 Silven/ha), geringer in der niederdurchforsteten (754 Bäume mit 475 Silven/ha) und am niedrigsten in der hochdurchforsteten Fläche (448 Bäume mit 423 Silven/ha)
* bis 1959 die Gesamtproduktion an Holz annnähernd gleich war: 969 m3/ha in der unbehandelten, 961 m3/ha in der niederdurchforsteten und 945 m3/ha in der hochdurchforsteten Fläche
* während der beobachteten Periode (1907 bis 1959) die jährlichen Zuwächse pro Hektare 16.0 m3 (unbehandelt), 15.5 m3 (niederdurchforstet) und 15.7 m3 (hochdurchforstet) betrugen
* 1959 der Nadelholzanteil in der unbehandelten Fläche am geringsten war (1%), etwas höher in der niederdurchforsteten (11%) und am bedeutendsten in der hochdurchforsteten Fläche (25%)
* 1947 in der unbehandelten Fläche lediglich 7% schöne, wirtschaftlich brauchbare Stämme standen, wogegen in der niederdurchforsteten Fläche jeder zehnte, in der hochdurchforsteten jeder vierte Stamm diese Qualifikation erfüllte.
- ETHZ-Versuchsflächen: 1930 wurden von Prof. Schädelin in ungefähr 40-jährigen Beständen je drei Flächenpaare ausgeschieden: im "Tannbühl" (Abt.3; Buche, Esche, Bergahorn; halbe Hanghöhe, Versuchsfläche 1985 aufgehoben), im "Birriboden" (Abt.12; Buche; ebenfalls halbe Hanghöhe) und auf dem "Schröterboden" (Abt.14; Buche, Tanne, Fichte z.T. gepflanzt; Hangfuss in der Nähe Sihltalstrasse).
Ziel der Untersuchungen war es, den Einfluss der Durchforstungsstärke auf Zuwachs, Durchforstungserträge, soziologische Umsetzungen, innere Reaktionen des Bestandes und gesamte Wertleistung zu belegen. Es wurde deshalb je eine der paarweisen Flächen "stark", die andere "schwach" durchforstet. Die - mit Ausnahme Versuchsfläche "Tannbühl" - bis heute fortgesetzten Eingriffe und Messungen belegen folgende Sachverhalte (LEIBUNDGUT, AUER und WIELAND, 1971):
* Die erzielte Bestandesstruktur bestimmt die künftige waldbauliche Behandlung: in stark durchforsteten Flächen sind Elitebäume herausgearbeitet und nur noch schwache Eingriffe notwendig; in schwach durchforsteten Beständen sind Elitebäume nicht mehr entwicklungsfähig, die Eingriffe müssen schwach bleiben.
* Die Umsetzung vom Neben- in den Hauptbestand ist in allen Flächen gering: Auslese und Begünstigung lohnt sich im allgemeinen nur in der Oberschicht.
* Im Höhenwachstum wurden keine Unterschiede festgestellt.
* Die gesamte Wuchsleistung ist gleich gross, in den stark durchforsteten Flächen jedoch auf qualitativ bessere Bäume vereinigt.
* In den stark durchforsteten Flächen ist der Wert der Vornutzung pro m3 um 20% höher.
* Die gesamte Wertleistung ist in den stark durchforsteten Flächen 15% höher, obwohl auch die schwach durchforsteten Flächen nach dem Ausleseprinzip behandelt wurden; die jährliche Mehrleistung der stark durchforsteten Flächen beträgt Fr. 105.- pro ha gegenüber der schwach durchforsteten Flächen.
Obwohl die Fragestellungen bei den beiden Versuchsserien
grundsätzlich verschieden ist, kommen letztlich sehr ähnliche
Resultate zustande. Es ist damit nachgewiesen, dass sich eine starke Hochdurchforstung
vor allem in bezug auf Wertschöpfung lohnt. Stärkere Zuwächse
oder grössere Bestandeshöhen sind dagegen nicht zu erwarten.
Die Versuchsflächen werden von den beiden Institutionen immer noch
betreut und es wäre erfreulich, wenn gelegentlich neuere Auswertungen
ev. unter dem veränderten Gesichtswinkel der Rückführung
zu Naturwald zusammengestellt würden.
1972 hat das Stadtforstamt mit der PRO SILVA HELVETICA eine Vereinbarung getroffen, wonach die ganze Abteilung 12 (Birriboden, 29.5 ha) während mindestens 50 Jahren nach dem Plenterprinzip zu bewirtschaften sei. Die wenigsten Bestände zeigen allerdings heute schon Plenterstruktur; diese muss erst mittels Plenterdurchforstungen herbeigeführt werden. Solche werden mittlerweile, d.h. seit 1985, im ganzen Stadtwald, soweit er regelmässig bewirtschaftet wird, durchgeführt. Der Vertrag mit der PRO SILVA HELVETICA wird im Rahmen des Konzeptes Naturlandschaft Sihlwald weiter erfüllt werden.
Die Sihlwaldungen sind seit den verheerenden Schneebruchschäden
von 1885 - ein früher Schneefall drückte 60 ha noch belaubte
Bestände mit rund 45'000 Festmeter Holz zu Boden - und 1908, wo noch
einmal 6'000 m3 Schadholz anfielen, lange Zeit von katastrophalen Ereignissen
verschont geblieben. Nur noch zweimal - 1967 in dem verheerenden Sturm,
der weitherum Schaden anrichtete, und in einem Föhnsturm von November
1982 - wurden 9'000 bzw. 3'500 m3 Holz geworfen.
Die besondere Gefährdung durch Schneedruck erklärt
sich aus der leeseitigen Lage im Windschatten des Albiskammes: es können
in kurzer Zeit grosse Schneemengen niedergehen und sich - weil die Winde
abgeschirmt sind - auf den Baumkronen festsetzen. Besonders verheerend
sind Schneefälle ins belaubte Holz, also Früh- oder Spätwintereinbrüche.
Im Bereich des Sihlwaldes verläuft das Sihltal
in Nord-Süd-Richtung und ist deshalb fast nur der Bise (selten heftig)
oder dem Föhn (heftige Stürme möglich) ausgesetzt. Am weitaus
häufigsten von Sturmschäden betroffen sind deshalb die südlichen
Partien des Sihlwaldes im Forstrevier I.
Trotz grösster Umsicht und waldbaulicher Erfahrung
können Schäden durch Schneefall oder Sturmeinwirkung nicht vollständig
verhindert werden. Allgemein weniger gefährdet sind allerdings kräftige
Baumindividuen, die von früher Jugend an in verhältnismässig
lockerem Verband aufwachsen und deshalb ein widerstandsfähiges Wurzel-
und Astwerk ausbilden. Solche Wuchsbedingungen sind in idealer Weise in
Naturwäldern und in solchen mit stufigen Strukturen vorhanden.
3.6.2 Vitalität
der Baumvegetaion
Auch im Sihlwald wurden die nach wie vor nicht restlos
geklärten "neuartigen" Waldschäden, d.h. das Auftreten von Baumkronen
mit merklichen Blatt- oder Nadelverlusten, festgestellt. Diese Phänomene
konnten aber nicht durch entsprechende Zuwachsverluste bestätigt werden.
Eine 1990 veröffentlichte Studie gibt Aufschluss über die Entwicklung
der Vitalität der wichtigsten Waldbäume (KONTIC/ BRäKER/NIZON/MüLLER,
1990). Anhand von jahrringanalytischen Untersuchungen in ausgewählten
Beständen entlang der Sihlwaldstrasse wurden für Buche, Esche
und Fichte in den vergangenen 20 bis 30 Jahren gleichbleibende oder breitere,
niemals aber schmälere Jahrringe gemessen. Die Steigerung erfolgte
nicht abrupt und übertrifft heute die Zuwachs-Erwartungswerte, die
aufgrund des Alterstrends der Bäume errechnet worden waren.
Die Erklärung dieses Phänomens wird im
Bericht diskutiert:
- Wahrscheinlicher ist dagegen eine Düngungshypothese:
indirekt als Folge der Einstellung der Streunutzung oder direkt als wachstumssteigernde
Wirkung einer Immissionskomponente. Bonität und Höhenwachstum
müssten in diesem Fall auch gestiegen sein.
- Denkbar wäre aber auch eine Bewirtschaftungshypothese:
als Folge der stärkeren Durchforstung hat sich der Standraum der Bäume
vergrössert, der Konkurrenzdruck vermindert. Eine Bonitätsverbesserung
sollte in diesem Fall nicht festgestellt werden können.
Einen Sonderfall bildet die Weisstanne: sie hat seit
1956, einem Jahr mit starken Winterfrösten, abrupte und anhaltende
Zuwachsverluste hinnehmen müssen. Weisstannen sind Schwefeldioxid-empfindlich;
unter dem Einfluss dieser Abgase leidet vor allem ihre Frosthärte.
Die Ursachen der Wachstumsschäden an Tannen sind aber weiterhin nicht
restlos geklärt.
Zusammenhänge von Nadel- bzw. Blattverlusten
und reduzierten Jahrringen konnten nur bei Weisstanne nachgewiesen werden.
Bei Buchen, Fichten und Eschen zeigten dagegen Bäume der Schadstufen
1 und 2 (Nadel- bzw. Blattverluste bis zu 60%) keine Zuwachseinbussen!
Bäume höherer Schadstufen reagieren möglicherweise sensibler
auf Umweltbedingungen und haben u.U. schon immer lichtere Kronen gehabt.
Fichten der Schadstufe 2 haben nachgewiesenermassen seit jeher schmälere
Jahrringe produziert. Womöglich wurden sie als schlechtere Provenienzen
oder auf ehemaligen Landwirtschaftsflächen angebaut.
3.6.3 Flechten
als Bioindikatoren für die Luftqualität
Im Rahmen einer Vergleichsuntersuchung (PULS, 1992)
wurde der Flechtenbewuchs auf 15 Eschenstämmen im Cholbenholz (Abteilung
24) erhoben. Die Dauerversuchsfläche umfasst 1/4 Hektare gut wüchsigen
Eschen-Mischwald (beigemischt sind Buche und Weisstanne) auf einem Uebergangsstandort
vom Ahorn-Eschenwald (Waldgesellschaft 26) zu Buchenwald der unteren Montanstufe
(Waldgesellschaften 8as und 12w: relativ hohe Boden- und Luftfeuchte).
Der Bestand stockt in einer kleinen Mulde und wird von einem Waldbächlein
durchflossen. Der Boden ist stellenweise ziemlich feucht.
Obwohl im Sihlwald mit der "kalibrierten Flechtenindikationsmethode" eine geringe bis mittlere lufthygienische Belastung ermittelt wurde und der Flechtenbewuchs keineswegs optimal ist, zeigten sich deutliche Unterschiede gegenüber der Vergleichsfläche beim Moosholzweiher im Zürichberg. In der grösseren Stadtnähe wurden nicht nur weniger Flechten registriert, sondern auch
. eine höhere NO2-Belastung
. eine durchschnittlich grössere Kronenverlichtung
nach SANASILVA-Methode (statistisch nicht gesichert).
Die Ergebnisse der Flechtenuntersuchungen stützen
sich lediglich auf zwei Probestandorte, Zürichberg Moosholzweiher
und Sihlwald Cholbenholz. Wie noch unveröffentlichte Folgeuntersuchungen
bereits zeigen, können daraus keine allgemeingültigen Aussagen
gemacht werden.
Das grossflächig geschlossene Waldareal des
Sihlwaldes bietet den verschiedenen Wildarten ganz spezifische Lebensbedingungen,
wie sie nicht an manchen Orten in der Schweiz zu finden sind. Aus den beiden
Grundlagenstudien "Fauna" und "Forst- und jagdwirtschaftliche Nutzung des
Sihlwaldes" kann zu den einzelnen Wildarten folgendes entnommen werden:
- Hirsche: Es ist nicht klar, ob die Hirsche
im Sihlwald zum Standwild gezählt werden dürfen oder nicht (es
werden von Förstern und Wissenschaftern widersprüchliche Aussagen
gemacht); der Sihlwald dürfte für einen ganzjährigen Aufenthalt
von Hirschen wahrscheinlich doch zu klein sein.
- Wildschwein: Die Bedingungen sind insbesondere
links der Sihl nicht ideal: zu wenig Sonneneinstrahlung, zuviel Störungen
durch Erholungssuchende oder Hunde, zu wenig Nahrung in Form von Eicheln.
- Fuchs: z.Z. hohe Bestände besonders
in Siedlungsnähe (Kulturfolger)
- Dachs: als Kulturfolger meist in Waldrandnähe
und oft in kolonieartigen Beständen; nahezu ideale Lebensbedingungen
- Feldhasen: bevorzugen ebenfalls Waldrandzonen,
ca. 30-50 Stück
- Steinmarder: vorhanden
- Baummarder: vermutet, vor einigen Jahren
beobachtet; sehr störungsemfpindlich; verlangt grosse zusammenhängende
Altholzbestände
- Iltis: Vorhandensein wird vermutet
- Mauswiesel: ebenfalls vermutet
- Biber: Auftreten im benachbarten Gebiet
am Sihlsprung
Das Schalenwild wird an zahlreichen Stellen gefüttert;
es ist - weil durch Störungen fast ununterbrochen in Bewegung - darauf
angewiesen, in kurzer Zeit hochwertige Nahrung aufzunehmen. Jungpflanzen
kommen trotz sporadisch auftretenden Verbiss- oder Fegeschäden fast
überall im Wald problemlos auf; durch gezielte waldbauliche Massnahmen
(Naturverjüngung, kräftige Durchforstungen, Verzicht auf Einzäunungen)
wurde in jüngster Zeit das Aesungsangebot qualitativ und quantitativ
verbessert.
Der Sihlwald ist jagdlich verschiedenen Revieren
zugeteilt: 180 ha dem Revier Horgen I, 600 ha Horgen II und 250 ha dem
Jagdrevier Langnau. Kleinere Teilstücke gehören zu weiteren benachbarten
Revieren. Die Zusammenarbeit zwischen Förstern und Jägern bietet
keine Probleme: die geringfügigen Aufwendungen für den Wildschutz
werden von der Jägerschaft ohne bürokratische Formalitäten
vergütet. Erschwert wird die Jagd nicht selten durch die Anwesenheit
von Waldbesuchern, die oft schon frühmorgens unterwegs sind.
Das grösste Problem für das Wild ist die
starke Begehung durch erholungssuchende oder sporttreibende Menschen. Besonders
empfindlich reagieren Hirsche und Wildschweine, die in der Folge meist
abwandern. Für Unruhe oder Stress sorgen auch streunende Hunde und
- seit ihr Bestand wieder zugelegt hat - die Füchse.
Der Schalenwildbestand ist im Sihlwald zweiffellos
höher als er von Natur aus zu erwarten wäre. Die Verbisschäden
an Weisstanne und Eibe sind die Folge davon. Trotzdem mag die Weisstanne
wie auch der verbissgefährdete Bergahorn gerade noch aufkommen. Die
Wilddichte bewegt sich am oberen Rand des Tragbaren. Aus waldbaulicher
und naturschützerischer Sicht ist es wünschenswert, künftig
auf die Winterfütterung des Wildes zu verzichten, da im Sihlwald ein
ausreichendes Äsungsangebot vorhanden ist und mit der Winterfütterung
ein untragbar hoher Wildbestand 'durchgefüttert' wird.
3.8 Erholungsfunktion
Die Bedeutung des Sihlwaldes für die Erholung ortsansässiger
oder zugereister Bevölkerungsteile ist in einer weiteren Grundlagenstudie
dargestellt (HESSE+SCHWARZE+PARTNER: Erholung in der Naturlandschaft Sihlwald,
Zürich 1989). Darin werden die bestehenden privaten und öffentlichen
Nutzungen des Sihlwaldgebietes analysiert und bewertet. Wo nicht anders
vermerkt, basiert Nachstehendes auf dieser Studie.
Die Besucher des Sihlwaldes konzentrieren sich hauptsächlich auf
die Gebiete des Albispasses (Lagern, Einkehren, Wandern, Wintersport),
des Albiskammes (Wandern) und des Sihllaufes (Wandern, Lagern). An schönen
Wochenenden suchen gesamthaft 8'000 bis 11'000 Personen das Gebiet auf,
wobei sich schätzungsweise bis zu 3'500 Besucher gleichzeitig im Sihlwald
aufhalten.
Im Sihlwald sind rund 40 km markierte Wanderwege ausgeschieden (nach Büro für Landschaftspflege, 1990). Die Hauptachsen verlaufen
- in Richtung des Haupttales (Thalwiler-/Tableten-/Bodenmattstrasse am Sihlufer, Sihlwaldstrasse, Bachtelen-/Waldgatterstrasse, Schnabel-/Waldmatt-/Weierbrunnenstrasse) oder
- quer dazu (Spinnerweg, Albishornstrasse, Steinchratten-, Schweikhofweg).
Die Wanderrouten benutzen auf neun Zehnteln der Länge die forstliche
Erschliessungsinfrastruktur (Waldstrassen/Maschinenwege). Nur rund 4 km
des offiziellen Wanderwegnetzes im Sihltal sind nicht befahrbare Fusswege.
Der grösste Teil der Erholungssuchenden reist mit dem Personenwagen
an: auf dem Albispass z.B., an einem schönen Herbsttag, rund 80-90%
der Besucher. Dieses Missverhältnis sollte durch die Verbesserung
des Angebotes an öffentlichen Verkehrsmitteln behoben werden.
Konkurrenziert wird diese Erholungs"tätigkeit" durch:
- Verkehr: stark befahrene und gefährliche Sihltalstrasse mit 16'000
Fahrzeugen zwischen 06.00 und 22.00 Uhr (1'000 Fahrzeuge pro Stunde) und
einem LKW-Anteil von 12%; im Wald seit Erscheinen der VCS-Radwanderweg-Publikationen
"Rund um den Albis" und "Zimmerbergtour" vermehrt Radfahrer, die von anderen
Erholungssuchenden zeitweise als störend empfunden werden
- Schutzzonen: verschiedene Natur- und Landschaftsschutzgebiete (vgl.
Kapitel B-1.8), die unter allzu intensiver Erholungsnutzung leiden können
. grössere Projekte: Kabel- oder Freileitung Schaltwerk Sihlbrugg-Thalwil;
Reservoirerweiterung Chapf, Horgenberg; Freileitung unt. Rengg-Rengg.
Wenn um Massnahmen zur Verbesserung des Erholungswertes - z.B. Lärmreduktion, Reduktion der Strassenerschliessung oder Verzicht auf projektierte Bauten - diskutiert wird, ist es unerlässlich, eine Schätzung des Erholungsnutzens und des Existenzwertes des Sihlwaldes anzustellen. Eine sozioökonomische Studie dieser Art wurde für den Zürichberg- / Adlisbergwald erstellt (Institut für Empirische Wirtschaftsforschung / Sozialökonomisches Seminar, Universität Zürich: Wertvolle Umwelt, Zürich 1988). Aufgrund von Befragungen vor Ort und am Wohnsitz sowie Frequenzerhebungen im Wald wurde
- der Existenzwert - mit der Frage "Was wären Sie bereit an politischem Engagement oder handfester Hilfe im Wald einzusetzen, um den Wald in seiner heutigen Form zu erhalten?" -
Im Bericht wird eingeräumt, dass "der reine Erholungsnutzen für
nicht an gleich zentraler Lage liegende oder schlechter erreichbare Wälder
geringer sein" mag, "was aber durch einen grossen ökologischen Nutzen
... und damit einen höheren Existenzwert aufgewogen werden könnte".
Solches würde auf den Sihlwald zutreffen: Existenzwert und Erholungsnutzen
können nicht hoch genug veranschlagt werden, nicht zuletzt, weil "vielfältige
Leistungen des Waldes und nicht quantifizierbare Elemente ... unberücksichtigt
geblieben" sind.
Die gesamte Besucherfrequenz im Sihlwald, den Albissüdhang eingeschlossen,
liegt gemäss Studie Hesse+Schwarze+Partner bei jährlich 0.8 bis
1.1 Mio. Erholungssuchenden und damit nur wenig unter derjenigen des Zürichberg-/Adlisbergwaldes
(1.2 Millionen). Erholungsnutzen und Existenzwert sind also von mindestens
vergleichbarer Dimension. Um einen volkswirtschaftlichen Vermögenswert
in der Grössenordnung von mehreren Milliarden Franken zu bewahren,
ist es mehr als angebracht, konzentrierte Anstrengungen in Sachen Lärmschutz,
Verkehrsumlagerung sowie Wiederherstellung und Bewahrung natürlicher
Verhältnisse zu unternehmen!
Der Baumbewuchs im Sihlwald verhindert - auf einem
geologisch oft labilen Untergrund - zumindest oberflächliche und oberflächennahe
Rutschungen oder kann solche schon nach kurzer Zeit wieder vernarben lassen.
Waldbewuchs, Untergrund und Wassereinwirkung sind aber Teile eines dynamischen
Systems, das seit Jahrtausenden die Landschaft des Sihltales formt und
umformt, und das erst seit rund 100 Jahren durch bauliche Massnahmen -
seien es Erschliessungseinrichtungen oder Bachverbauungen - beeinflusst
wird.
Schutz vor natürlichen Vorgängen, wie Murgänge,
Ueberschwemmungen oder absackende Hangflanken, wurde erst notwendig, nachdem
der Mensch "dauerhafte" Einrichtungen im Sihltal zu erstellen begann, also
mit dem Bau der Sihltalstrasse in den Jahren 1855 bis 1857, mit der Erstellung
von Holzverarbeitungsbetrieb und Wohngebäuden im Sihlwald und mit
der Aufnahme des Bahnbetriebs durch das Tal (1892).
Es stellt sich hier die mehr rethorische Frage, ob
nur ein gepflegter Wald diese, auf das Oberflächliche beschränkte
Schutzwirkung erbringen kann und ob dieser Geländeschutz im herkömmlichen
Sinn überhaupt noch erstrebenswert ist. Wir - das Team des Stadtforstamtes
und der Autor dieses Berichts - sind aufgrund von Beobachtungen und Erfahrungen
in ähnlichen Lagen zur Auffassung gelangt, dass zweifellos auch ein
vom Menschen nicht gestalteter, natürlich aufgebauter Wald sich selbst
zu erhalten vermag. Wo Erosion entsteht, sich vertieft oder wieder vernarbt,
ist letztlich nur Natur am Werk und damit unseren Kriterien von gut oder
schlecht, erwünscht oder unerwünscht entzogen.
Zu belegen ist dies kaum, denn es fehlt an Vergleichsflächen oder genügend grossen Versuchsgebieten mit ähnlichen Wuchsbedingungen. An Meinungen von Fachleuten mangelt es jedoch nicht. Ein Zitat dazu - verfasst von Dr.A.Huber, Redaktor von "natur und mensch" - über den Bayerischen Wald, in dem grössere Flächen Gebirgswald seit 1970 nicht mehr bewirtschaftet oder gepflegt werden: "Eindrücklich war dabei die Feststellung, dass grössere, durch Sturm oder Borkenkäfer bewirkte Schadflächen nur in ehemals künstlich eingebrachten, grossflächig gleichaltrigen und gleichförmigen Fichtenbeständen eintreten. In ungleichförmigen, stufigen, aus verschiedenen Baumarten zusammengesetzten Urwaldresten oder anderen plenterartig aufgebauten Beständen dagegen gehen alte oder beschädigte Bäume einzeln ab, wobei die kleinen Lücken im Kronendach sofort wieder durch vitale Nachbarbäume oder natürlichen Nachwuchs ausgefüllt werden."
Geradezu erleichternd fand der Beobachter, dass auf
den oft ausgedehnten Schadflächen mit umgestürzten nicht weggeräumten
Fichten "sich praktisch überall von Natur aus rasch wieder eine nachfolgende,
vitale Kraut- und junge Baumvegetation" einstellt. Die Wiederbewaldung
ist "von Natur aus - ohne jede menschliche Massnahme" - gesichert (natur
+ mensch, 4/1986).
Solche und ähnliche Beobachtungen bestätigen,
dass Wälder nicht zerfallen oder verlorengehen, wenn sie vom Forstmann
nicht mehr gepflegt werden, und dass sie - auch im Falle des Sihlwaldes
- zumindest den oberflächlichen Erosionsschutz durchaus "in eigener
Regie" zu gewährleisten imstande sind. Es hat zwar der Mensch den
Wald zum Ueberleben nötig, nicht aber der Wald den Menschen!
Werden menschliche Einrichtungen wie Verkehrswege
oder Bauten in Mitleidenschaft gezogen - was im Fall des Sihlwaldes kaum
wahrscheinlich ist -, sind punktuelle, passive Schutzbauten, die Verlegung
der Einrichtung oder deren Ausserbetriebsetzung vorzusehen.