3. Heutiger Zustand und Nutzungen des Waldes
 
 

3.1 Waldzustand
 
 

3.1.1 Bestandeskarte
 
 

Die Bestandeskarte wurde anhand einer Orthophoto (geflogen von Swissair Photo + Vermessung AG am 7. März 1990) im Massstab 1:5'000 und einer zweimaligen Verfikation im Gelände erstellt. Planauswertung und Erstellung der Bestandestabellen wurde mit einem Geographischen Informationssystem (ArcInfo) vorgenommen. Diese forsttechnischen Arbeiten besorgte das Büro für Landschaftspflege, Horgen (T. Weibel).
 
 

Die in der Bestandeskarte dargestellten Bestände wurden mit einem dreistelligen Code für Alter, Mischungsverhältnis und Hauptbaumart umschrieben. Die Bestände sind abteilungsweise durchnummeriert (z.B. der siebente Bestand der Abteilung 15 trägt die Nummer 1507) und entsprechend der Altersklasse farblich hervorgehoben (Code und Darstellung analog kantonalen Richtlinien von 1983, aber nicht identisch mit Wirtschaftsplan 1981).
 
 

In der Bestandeskarte (Anhang) sind alle Bestände mit einer minimalen Flächenausdehnung von 5 Aren ausgeschieden. Der dreistellige Code ist wie folgt definiert:
 
 

- erste Ziffer: Altersklasse
 
1.. Jungwuchs/Dickung 0 - 20 Jahre
2.. Stangenholz 20 - 40 Jahre
3.. schwaches Baumholz 40 - 60 Jahre
4.. mittleres Baumholz 60 - 80 Jahre
5.. Altholz I 80 - 100 Jahre
6.. Altholz II 100 - 120 Jahre
7.. Altholz III über 120 Jahre
0.. stufige, ungleichaltrige Bestände  

 

- zweite Ziffer: Mischungsverhältnis Laub-/Nadelholz
 
.1. Nadelwälder mit  über 90% Nadelholzvorrat
.2. Nadelmischwälder mit  50 - 90% Nadelholzvorrat
.3. Laubmischwälder mit  50 - 90% Laubholzvorrat
.4. Laubwälder mit  über 90% Laubholzvorrat

 

- dritte Ziffer: Hauptbaumart
 
..0 Rottanne  ..5 Buche
..1 Weisstanne  ..6 Eiche
..2 Waldföhre  ..7 Esche
..3 Lärche  ..8 Ahorn
..4 übriges Nadelholz  ..9 übriges Laubholz

 
 
 

Der Zustand der städtischen Waldungen im Sihltal kann aufgrund von Bestandeskarte und pflanzensoziologischer Kartierung wie folgt umrissen werden:
 
 
 
Entwicklungsstufe Fläche in Mischungs- verhältnis Nd/Lbholz *) Teilflächen grosse 

Komplexe

  ha   Anz. mittl. 

Fläche

Anz Fläche
Jungwüchse/ Dickungen  82  17:5:11:67  194  0.42  35 
Stangenholz  116  11  38:10:13:39  199  0.58  67 
schw. Baumholz  35  7: 8:59:26  39  0.87  12 
mittl. Baumholz  262  26  5:22:34:39  114  2.30  208 
Altholz I  257  25  5:34:24:37  110  2.34  133 
Altholz II  130  13  3:11:25:61  54  2.41  68 
Altholz III  27  0:24:23:53  19  1.41 
stufig/ungleichaltrige Bestände 104  10  0: 3:58:39  34  3.07  60 
ganzer Wald  1013 100  9:19:29:44  763  1.33  17  583 

 

*) Mischungsverhältnis Nadelholz/Laubholz:

1. Zahl: % der Fläche mit über 90% Nadelholzvorrat

2. Zahl: % der Fläche mit 50-90% Nadelholzvorrat

3. Zahl: % der Fläche mit 50-90% Laubholz

4. Zahl: % der Fläche mit über 90% Laubholz

Tab. B-4: Zustand der Waldungen gem. Bestandeskarte und pflanzensoz. Kartierung
 
 

- Jungwüchse/Dickungen (0-20 Jahre): erfreulich ist der grosse Anteil an Beständen, in denen der Laubholzanteil überwiegt (67%); annähernd die Hälfte der Jungwüchse ist in zwei Komplexen von 15 bis 20 ha konzentriert
 
 

- Stangenholz (20-40 Jahre): die Hälfte der Stangenholzbestände ist von Nadelhölzern dominiert, wovon nochmals über 90% (oder mehr als 50 ha) die Rottanne als Hauptbaumart haben; diese Bestände sind bezeichnend für die Zeit, in der sie angelegt wurden (1950-1970): der Nadelholzanteil wurde als zu gering empfunden; Rationalisierung, Arbeitstechnik, Mechanisierung und schematischer Waldbau, wofür sich die Rottanne bestens eignet, zählten mehr als die Natürlichkeit der Wälder; der Fichtenanbau schien einziges Mittel gegen zunehmende Wildbestände; vier grössere Komplexe von 15 bis 20 ha
 
 

- schwaches Baumholz (40-60 Jahre): geringer Flächenanteil; stammen aus der Zeit, in der Vorratsäufnung - zu Recht - Hauptsorge war; erfreulich grosser Flächenanteil (85%) mit mehrheitlich Laubholz
 
 

- mittleres Baumholz/Altholz I (60-100 Jahre): umfassen zusammen mehr als die Hälfte des Sihlwaldes und stammen zu einem grossen Teil aus der Zeit, als U. Meister dem Stadtforstamt vorstand; drei grosse Komplexe von je 90 bis 130 ha (Abt. 2 bis 7, 9 bis 15 und 22 bis 27; Gesamtfläche 341 ha) z.T. als Folge der Schneebruchkatastrophe von 1885; rund zwei Drittel der Bestände sind von Laubholz dominiert und nur ein geringer Anteil (5%) trägt mehr als 90% Nadelholz.
 
 

- Altholz II (100-120 Jahre): geringerer Anteil als mittleres Baumholz und Altholz I; mehrheitlich (zu 86%) laubholzdominierte Bestände; ein grösserer Komplex von 68 ha in den Abteilungen 16, 17 und 19
 
 

- Altholz III (über 120 Jahre): äusserst geringer Anteil als Folge der Verjüngungstätigkeit in der Zeit von 1950-1985; keine grösseren Komplexe mehr vorhanden; drei Viertel der Bestände von Laubholz dominiert
 
 

- stufige, ungleichaltrige Bestände: nehmen einen Zehntel der Waldfläche ein, mit wenigen Ausnahmen nur Steilhänge, Tobel und Einzugsgebiete von Waldbächen; nicht bewusste Waldbehandlung, sondern topographische Gegebenheiten haben zu Ausbildung der meisten dieser ökologisch wertvollen Waldbestände geführt.
 
 

- ganzer Wald: der Nachlass von 100 und mehr Jahren bewegter Vergangenheit prägen das heutige Waldbild; ausgedehnte gleichaltrige und gleichförmige Bestände stocken auf mehr als der Hälfte der Fläche; auf annähernd drei Vierteln der Ausdehnung steht mehrheitlich Laubholz, auf 44 Flächenprozenten gar über 90% Laubholz
 
 

Die Grafik (Fig. B-3) auf der nächsten Seite gibt weiteren Aufschluss über die Zusammensetzung der Bestände nach Flächenausdehnung. Aufgrund der Analyse der Zusammensetzung nach Entwicklungstufen schien es klar, dass grossflächige Bestandesstrukturen vorherrschen würden. Die Grafik zeigt indessen ein anderes Bild:
 
  - ein Fünftel der Waldfläche nehmen Bestände ein, die nicht grösser als eine Hektare sind

- Bestände unter 2.5 ha bedecken 40% der Waldfläche

- lediglich ein Drittel der Waldfläche bestocken Bestände mit einer Fläche von mehr als 5 ha

- die mittlere, flächengewogene Ausdehnung der Waldbestände im Sihlwald beträgt 3.2 ha

- Grossbestände von mehr als 10 ha machen nur einen Achtel der Waldfläche aus.
 
 

Diese Fakten zeigen, dass der Waldbestand im Sihlwald - trotz der flächigen Bewirtschaftungsweise seit 60 und mehr Jahren - vorwiegend kleinräumig gegliedert ist. Dabei sind es nicht nur die verschiedenen Entwicklungstufen, welche das Bild prägen, sondern ebenso sehr die Baumartenanteile und -mischungen. Der Wald an der Sihl ist also äusserst abwechslungs- und nischenreich.
 
 

Fig. B-3: Summenkurve Waldfläche nach Bestandesgrössen
 
 


 
 

3.1.2 Waldprofile
 
 

An drei repräsentativ ausgewählten Standorten wurden Probestreifen unterschiedlicher Grösse angelegt:

- Waldmatt, Abt. 21, 5.4 a, Breite des Streifens: 2 x 5m, Länge: 54,4m

- Schönboden, Abt. 3, 5.0 a, Breite des Streifens: 2 x 5m, Länge 50,3m

- Roosevelt-Platz, Abt. 20, 11.3 a, Breite des Streifens 2 x 10m, Länge 58,26m
 
 

Die Profilstreifen wurden wie folgt aufgenommen: "Sämtliche Bäume und Waldsträucher über 2 m Höhe wurden nummeriert und aufgenommen. Es sind Aufnahmeformulare der ETHZ verwendet worden. Somit sind, neben Ordungsnummern und Holzart, folgende Daten registriert worden: soziale Stellung, Brusthöhendurchmesser, Baumhöhe, Höhe Kronenansatz, Höhe der max. Kronenbreite, Kronenprojektion in 4 Hauptrichtungen, Koordinaten des Baumes bezogen auf die Hauptachse als + X. Als Bemerkung wurden Schäden, Dürre und andere Merkmale eingetragen" (aus dem Projektbeschrieb von F. Giyla, 1991).
 
 

Die Profilflächen können wie folgt charakterisiert werden:
 
 

- Waldmatt: nach Bestandeskarte ein Altholz III (über 120 Jahre) mit einem Laubholzanteil von 50 - 90% und der Hauptbaumart Buche; auffällig sind vier mit grossen Zwischenräumen oder nur lockerem Kronenkontakt stehende Altbäume (drei Buchen, eine Esche) von 35 bis 40 m Höhe; in der Mittelschicht, mit einer Höhe von 20 bis 26 m folgen zwei Weisstannen und eine Rottanne; die dichte Unterschicht mit - neben der Hauptbaumart Buche - Ulme, Ahorn, Esche, Mehlbeere und Hasel überragen ein halbes Dutzend Buchen und je eine Rot- und Weisstanne; die Unterschicht ist ausserordentlich individuenreich (ca. 325 Stück gegenüber den rund 15 Bäumen in den Schichten darüber). Es handelt sich also um eine aufgelichtete Partie eines Altholzes, das laut waldbaulicher Aufnahme sonst eine Kronenbedeckung von 70/10/60% (für Ober-, Mittel- und Unterschicht) aufweist. Die reiche Naturverjüngung ist typisch für weite Teile des ostexponierten Sihlwaldes links der Sihl.
 
 

- Schönboden: nach Bestandeskarte ein mittleres Baumholz (60 - 80 Jahre) mit über 90% Laubholz und der Hauptbaumart Buche. In der Oberschicht (ca. 23 - 35 m) stehen sieben Buchen und sechs Eschen, die ein nahezu geschlossenes Kronendach bilden und von einer grösseren Buche von knapp 40 m überragt werden (einzelne das Kronendach überragende Bäume werden dereinst typisch sein für Naturwald). Die Mittelschicht (10 - 22 m) ist - mit fünf Buchen und einer Rottanne - etwas individuenärmer. In der Unterschicht stehen dagegen rund 250 Buchen mit einer Beimischung von lediglich zwei, drei Bergahornen. Die waldbauliche Beschreibung gibt Deckungsgrade von 90/30/30% (Ober-, Mittel-, Unterschicht) an. Dieser Bestandestyp ist ausgesprochen häufig im Sihlwald: die mittleren Baumhölzer nehmen einen Viertel der Fläche ein, solche mit mehrheitlich Laubholz rund 190 ha und diejenigen des gleichen Bestandestyps (mittl. Baumholz/über 90% Laubholz/Hauptbaumart Buche) 100 Hektaren.
 
 

- Roosevelt-Platz: nach Bestandeskarte ein Altholz III (über 120-jährig) mit über 90% Laubholz und Hauptbaumart Buche. In der gut geschlossenen Oberschicht stehen zehn Buchen, zwei Bergahorne und eine Esche mit Baumhöhen zwischen 26 und 39 m. Die Mittelschicht (13 - 25 m) ist mit einem guten Dutzend Buchen, zwei Bergahornen und einer Weisstanne für den Sihlwald wahrscheinlich überdurchschnittlich besetzt. In der Unterschicht stehen rund 160 oft schon 8 bis 10 m hohe Bäume, zum überwiegenden Teil Buchen mit einigen beigemischten Bergahornen, Ulmen sowie je eine Rot- und Weisstanne. Das Alter beträgt über 160 Jahre, der Deckungsgrad in Ober-, Mittel- und Unterschicht auf 80/10/30%.
 
 

Die Entwicklung dieser drei für den Sihlwald bzw. seiner ältesten Partien typischen Profilstreifen sollte von Revision zu Revision weiterverfolgt werden, um Aufschluss darüber zu erhalten, wie Umsetzungen im Bestand stattfinden und wie sich allenfalls eine kleinflächige Verjüngung des Bestandes entwickelt.
 
  3.2 Ertragskundliche Grundlagen und Ergebnisse der Forsteinrichtung
 
 
 
1990 wurde zum zweiten Mal - nach 1981 - das Inventar des Sihlwaldes nach dem Stichprobenverfahren der WSL (früher EAFV) erhoben. Die wichtigsten Vergleichsgrössen der beiden Inventuren sind in der Tabelle B-5 auf der folgenden Seite zusammengefasst. Die theoretischen Erläuterungen zu den Aufnahmen sollen hier so kurz als möglich gehalten werden (es wird auf die nachfolgende Darstellung, den Wirtschaftsplan 1981, die Aufnahmeanleitung 1990 und die Publikationen der WSL verwiesen).
 
 

Mit der Inventur 1990 wurde zum ersten Mal die gesamte Waldfläche, also nicht nur die bewirtschaftbaren Teile erfasst. Auf der Waldfläche von rund 1013 ha waren in einem 2-Hektarenraster 506 Probeflächen aufzunehmen.
 
 

Auf jeder Stichprobenfläche wurden u.a. erhoben:

- Brusthöhendurchmesser und Baumart aller Bäume mit mehr als 8 cm Stammstärke auf einer Kreisfläche von 3.14 a (R=10m)

- Durchmesser in 7 m Höhe und Baumhöhe von über 600 Tarifprobebäumen zur Berechnung der Gesamttarife (Auswahlregeln siehe Aufnahmeanleitung)

- Jungwalddaten auf einer Fläche von 0.5 a

- Zusatzaufnahmen (siehe Tabelle B-5 nächste Seite)
 
 

Zur Ermittlung der Bonität wurde anhand der Höhe des zweitstärksten Baumes der Hauptschicht die Oberhöhe ermittelt.
 
 

Die Probeflächen wurden gemäss Bestandeskarte dem jeweiligen Bestandestyp zugeordnet und diese wiederum - zur Straffung der Auswertung - zu neun Auswerteeinheiten zusammengefasst:

- Blössen/Landwirtschaft

- Jungwüchse/Dickungen

- nadelholzreiche Stangenhölzer und Baumhölzer I

- laubholzreiche Stangenhölzer und Baumhölzer I

- nadelholzreiche Baumhölzer II

- laubholzreiche Baumhölzer II

- nadelholzreiche Starkhölzer

- laubholzreiche Starkhölzer

- stufige Bestände

Die ausgeschiedenen Auswerteeinheiten stimmen nicht mit den 1981 verwendeten überein.
 
 

Die EDV-Auswertung erfolgte mit den entsprechenden WSL-Programmen in drei getrennten Blöcken:
 
 

- dem TARIF-Programm: Auflistung der Tarife für Nadel- bzw. Laubholz nach cm-Stufen; Angabe von Genauigkeiten
 
 

- dem PROBEFLAECHEN-Programm: Auflistung - je Probefläche - von: Stammzahl, Holzvolumen, Volumen und Durchmesser Mittelstamm, Stammgrundfläche, Nadelholzanteil, Volumenprozente der einzelnen Baumarten, Oberhöhe, Alter, Volumenzuwachs, mittlerer Durchmesserzuwachs, Anzahl genutzte Stämme, Nutzungsvolumen total und in % Anfangsvorrat sowie Mittelstammvolumen der Nutzung; gruppiert nach Revier und Auswerteeinheit

Tab. B-5: Vergleich Aufnahme und Auswertung der Inventuren von 1981 und 1990
 
Schritt/Vorgang  Inventur 1990  Inventur 1981 
Stichprobenerhebung    
Netz 
100 x 200 m (100m in N/S-, 200m in E/W-Richtung) orientiert nach dem Koordinatennetz der Landeskarte
Zeitpunkt Aufnahme  Mitte Februar bis Ende März  Juni bis September 
Anzahl Probeflächen 506  484 
erfasste Waldfläche  1012 ha nach Anzahl Probeflächen; 1012.76 ha nach Bestandeskarte 952 ha (nicht inventiert wurden: ganze Abt.18 und Teile der Abt. 11/24/26/30/31/35/41)
Kluppierschwelle 
ab 8 cm Durchmesser auf Brusthöhe
Kreisfläche der SP 
3.14 Aren
Zusatzaufnahmen  diverse Erstaufnahmen wie: Witterung, Exposition, Relief, Nutzung, Totholz, Raumeindruck, Baumdaten Jungwuchsdaten keine 
Auswertung 
nach EAFV (WSL)-Programmen
Anzahl Auswerteeinheiten (Zusammenfassung ähnlicher Bestandestypen) 10 
 
(Bestandescode und Auswerteeinheiten 1981 und 1990 sind nicht vergleichbar)
Tarif  separate "Gesamttarife" Nadelholz und Laubholz  "Einheitstarif" für Nadelund Laubholz
Tarifvergleich:  nach Tarif 1991 einen Holzvorrat von nach Tarif 1981 einen Holzvorrat von
1 ha mit durch- schnittl.Stz-Verteilung 1991 hat: 321 m3 326 m3
    oder 1.6 % mehr; nach Stärkeklassen 0-IV: -2%, 0%,+3%, +4%, -2%
Zuwachsberechnung  zuverlässige Werte, da + gleiche Inventurmethode und annähernd gleicher Tarif wie 1981 nur grober Hinweis auf Zuwachsleistung, da Aenderung von Inventur- methode (Stichproben statt Vollkluppierung) und Tarif gegenüber 1971
Bestandeskarte:    
Aufnahme- und Bearbeitungsverfahren  Flug und Orthophotoher stellung durch Swissair; Massstab 1:5'000; Verifi kation durch BfL und anlässlich waldbaulicher Planung Luftbildinterpretation und terrestrische Verifikation Massstab 1:5'000
Planbearbeitung  ArcInfo (geographisches Informationssystem)  manuell 

 
 
  - dem HEKTAR-Programm: Auflistung je Auswerteeinheit und Baumart von Werten bezüglich "Zustand des Waldes" (Stammzahl, Mittelstamm, Holzvorrat total und je Stärkeklasse), "Zuwachs und Nutzung" (total, in % Anfangsvorrat und je Stärkeklasse) und "Vorrat nach Sortimenten" (Holzvolumen je Baumart und Sortimentsklasse).
 
Die Berechnungen erfolgten getrennt nach den beiden Revieren Sihlwald I und Sihlwald II; sie sind ergänzt durch Zusammenfassungen für den Gesamtwald.
 
 
 
 

Der einrichtungstechnischen Analyse kommt im Rahmen der Reservatsbildung im Sihlwald nicht mehr die gleiche Bedeutung zu, wie dies in einem traditionellen Wirtschaftsplan der Fall wäre (vgl. dazu Schlussfolgerungen am Ende dieses Kapitels). Die verschiedenen Parameter sollen aber - zumindest bis zur nächsten Wirtschaftsplanrevision - weiterhin beobachtet und analysiert werden.
 
 

Die Waldfläche des Sihlwaldes (D-I Tabelle a) beträgt nach Grundbuch 1013.90 ha, nach Bestandeskarte 1012.76 ha und nach Anzahl Probeflächen 1012 ha. Die in der Folge berechneten Hektarwerte (sowie die in den Tabellen "Ergebnisse der Forsteinrichtung" festgehaltenen) beziehen sich auf eine Fläche von 1012.76 Hektaren.
 
 

Die Entwicklung des Holzvorrates (D-I Tabelle a) zeigt eine auffällige Zweiteilung der Werte vor 1941 und danach:

. mittlerer Holzvorrat 1880-1931: 242 m3/ha

. mittlerer Holzvorrat 1941-1990: 340 m3/ha

Dieser Sprung dürfte durch das Einwachsen ausgedehnter Verjüngungsflächen, die vor und nach der Jahrhundertwende angelegt wurden, bedingt sein. Seit 1941 haben nur noch geringe Verschiebungen stattgefunden. Naturgemäss steht der Hauptanteil der Holzmasse (41%) in den Starkhölzern mit einem Alter von mehr als 80 Jahren. Gut ein Viertel des Holzvorrats steht in Baumhölzern II (60-80 Jahre) und je ein Zehntel in stufigen bzw. in den unter 20-jährigen Beständen.
 
 

Die Stammzahlen (D-I Tabelle a) zeigen eine stete Abnahme für die Periode von 1931 bis 1971. Die auffällige Zunahme in den folgenden 10 Jahren ist allein durch die Senkung der Kluppierungsschwelle von 16 auf 8 cm bedingt. Im Wirtschaftsplan 1981 wird eine tatsächliche Abnahme errechnet, die den vorgegebenen Trend von 1961 bis 1971 weiterführt, und der bis heute anhält.
 
 

Das mittlere Holzvolumen je Baum (D-I Tabelle a) ist aus den gleichen methodischen Gründen von 1971 bis 1981 stark geschwunden. Diese Tatsache zeigt, wie wenig aussagekräftig solche Zahlen oft sind.
 
 

Bei der Entwicklung der fünf Stärkeklassen O-IV (D-I Tabelle e, Fig. B-3) zeigen sich seit 1931 auffällig gleichbleibende Entwicklungstendenzen:

- Die Anteile der Klassen I und II (16 bis 36cm Stammdurchmesser) haben konstant abgenommen: von 25 auf 7% bzw. von 39 auf 18%.

- Der Anteil der Klasse III (36 bis 52cm Durchmesser) hat konstant leicht zugenommen, nämlich von 29 auf 40%.

- Regelmässig und in grossem Umfang - von 7% im Jahre 1931 auf heute 32% - hat die Stärkeklasse IV (über 52cm Durchmesser) zugenommen.

Aus diesen Zahlen müsste in einem Wirtschaftswald eine bedrohliche Tendenz zur Ueberalterung diagnostiziert werden. Im Hinblick auf die Ziele des Naturlandschaft-Projekts kann von einer durchaus erfreulichen Entwicklung gesprochen werden. Fig. B-4: Entwicklung der Stärkeklassenzusammensetzung 1931 - 1990
 

 
 

Fig.-B-5:

Entwicklung der

Alterszusammensetzung 1880 - 1990
 
 


 
 

Die Zahlenreihen über den Altersaufbau der Bestände zurück bis ins Jahr 1880 bestätigen die Analyse der Stärkeklassen: jüngere Bestände (0-60-jährig) zeigen eine abnehmnde Tendenz, die älteren dagegen eine zunehmende (vgl. Fig. B-5). Unkohärente Entwicklungen, wie sie einzelne Kurven zeigen, müssen wahrscheinlich auf methodische Schwächen zurückgeführt werden, denn bei jeder Revision wird die Alterseinstufung von neuem und gutachtlich vorgenommen.
 
 

Die Zahlenreihe der Baumarten-Anteile (D-I Tabelle g) reicht nur bis ins Jahr 1941 zurück und zeigt eine deutliche Zunahme aller Laubbaumarten (mit Ausnahme der Eiche) auf Kosten von Rottanne, Weisstanne und Föhre. Hielten sich früher Laub- und Nadelholz in etwa die Waage, so steht heute rund anderthalb mal soviel Laubholz im Sihlwald wie Nadelholz. Sowohl absolut als auch anteilsmässig ist der Bestand an Nadelhölzern (Rottanne, Weisstanne, Föhre, Lärche, nicht aber Eibe) um 6% auf einen Massenanteil von 39% zurückgegangen. In besonderem Masse davon betroffen sind die Rottanne (Reduktion um 20'600 m3 oder von 28 auf 25%) und die Weisstanne (um 10'600 m3 oder von 11.5% auf 9,5% Massenanteil). Hauptbaumart bleibt die Buche, deren Anteil von 36 auf 39% gestiegen ist, absolut aber konstant geblieben ist. Auch die übrigen Laubbaumarten hielten sich in den vergangenen neun Jahren mehr oder weniger konstant. Interessant ist die Entwicklung des Nadelholzanteils, der entgegen der Absichten der Bewirtschafter und Planer, die eine Ausdehnung auf 60% gefordert hatten, von 45% auf 39% deutlich gesunken ist. Glücklicherweise hielten die Bewirtschafter - trotz der gesteckten Ziele - seit Meister (1883) am Prinzip der natürlichen Verjüngung fest. Pflanzungen wurden in der Regel nur zur Ergänzung des natürlichen Angebots vorgenommen. Unter dieser Voraussetzung war es offensichtlich kaum anders möglich, als dass die von Natur aus heimischen Laubbaumarten - trotz Förderung der Nadelholzkonkurrenz durch die Forstorgane - nach und nach die Oberhand gewinnen konnten.
 
 

Noch nie in der über 100-jährigen Periode, seit im Sihlwald regelmässig Inventuren durchgeführt werden, konnte - wie in der vergangenen Periode - ein jährlicher Zuwachs von 10 m3 pro ha errechnet werden. Die 10 m3/J+ha entsprechen 2.88% des Anfangsvorrates von 1981, was ebenfalls noch nie erreicht wurde. Nicht die Tatsache, dass ein so erfreulicher Zuwachs registriert wurde, ist erstaunlich, sondern viel mehr, dass in den vorangegangenen hundert Jahren von 1880 bis 1981 nie mehr als 8.4 m3/ha und im Durchschnitt gar nur 6.6 m3/ha zugewachsen sind! Das ist weit unter dem, was nach den ertragstechnischen Berechnungen zu erwarten wäre. Sowohl für die Laubbäume wie für die Nadelbäume wurde eine Bonität von 26m ermittelt (als Mass wird die Höhe der 100 stärksten Bäume je Hektare in einem Alter von 50 Jahren verwendet). Entsprechend dieser Klassifizierung müssten im langjährigen Durchschnitt, bei nachhaltigem Aufbau und der heutigen Baumartenzusammensetzung folgende Holzmengen auf jeder Hektare des Sihlwaldes zuwachsen:
 
 

. Laubholz (Buche) 13.1 m3 x 59% = 7.7 m3

. Nadelholz (Fichte) 14.5 m3 x 41% = 5.9 m3

insgesamt 13.6 m3
 
 

also rund das doppelte dessen, was tatsächlich zugewachsen ist. Die synoptische Darstellung von Zuwachs, Hiebsatz, Nutzung und Vorrat in Fig. B-6 zeigt, welcher tiefgreifenden Produktionskrise der Sihlwald im Laufe des 20. Jahrhunderts ausgesetzt war. Als Folge von Uebernutzungen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sind Vorrat und Zuwachs buchstäblich zusammengebrochen. Von verheerender Wirkung - bis mindestens in die 50er Jahre unseres Jahrhunderts hinein - ist dabei, dass mit der Anpassung des Hiebsatzes und damit der Nutzungsmengen mindestens 20 Jahre zu lang zugewartet wurde (vgl. Kapitel B-2.5). In Begriffen der Oekonomie gesprochen wurde im 20. Jahrhundert ausgesprochen schlecht gewirtschaftet: auf den vorzüglichen Waldböden wurde kaum die Hälfte dessen produziert, was möglich gewesen wäre, weil einfach das Betriebskapital in Form von zuwachskräftigen Bäumen nicht vorhanden war.
 
 

Fig. B-6: Entwicklung von Zuwachs, Hiebsatz und Nutzung per Jahr und Hektare sowie Vorrat pro Hektare
 
 
 
 

Die ertragskundlichen Berechnungen wurden nach Revieren getrennt bearbeitet. Die Unterschiede zwischen dem südlich gelegenen Revier Sihlwald I und dem nördlichen Sihlwald II sind aber unbedeutend:
 
Sihlwald I  Sihlwald II Sihlw.I in % v. Sihlw.II

(Sw II=100%) 

Waldfläche ha  493  520  95 
Holzvorrat in m3/ha  339  324  105 
Stammzahl pro ha  369  407  91 
Mittelstamm m3/Baum  0.92  0.79  116 
Anteil Nadelholz %  34  44  77 
Flächenanteil der 

über 60-jähr. Bestände % 

64  65  98 
Zuwachs in m3/J+ha  10.1  9.8  103 
Nutzung in m3/J+ha  13.7  12.0  114 

Tab. B-6: Waldzustand und Nutzungen bezogen auf die Periode 1981-1990 getrennt nach Forstrevieren Sihlwald I und II
 
Abgehend von rein wirtschaftlicher Denkweise können - im Hinblick auf die Reservatsbildung - aus den ertragstechnischen Aufnahmen und Berechnungen für den Gesamtwald die folgenden Schlüsse gezogen werden:
 
  1. Der Holzvorrat ist schon im jetzigen Zeitpunkt beachtlich und dürfte in Zukunft noch weiter ansteigen. Die Nutzungen, die in den vergangenen neun Jahren den Zuwachs überstiegen haben, zeigen nur scheinbar das Gegenteil: sie sind - zumindest nach 1985 - die Folgen intensiver Durchforstungen in zuwachskräftigen Beständen, deren Reaktion erst im kommenden Jahrzehnt mit angeregtem Wachstum zu Buche schlagen wird.
 
 

2. Intensive Durchforstung, Vorratsaufbau und Schaffung stufiger Bestände werden auf Stammzahlen und mittleres Holzvolumen je Baum sich gegenseitig konkurrenzierende Wirkungen haben: vorratsreiche Altbäume senken die Stammzahl je Hektar und heben das mittlere Baumvolumen; aus der Unterschicht nachstossende Bäume bewirken das Gegenteil. Aus den Zahlen lassen sich deshalb keine eindeutigen Analyse-Elemente ableiten.
 
 

3. Dem Altersaufbau ist mit der Ausscheidung stufiger Bestände auch ein Strukturelement beigegeben, das mit der Zeit an Bedeutung gewinnen sollte. Vorderhand zeigt sich ein für die Reservatsbildung erfreuliches Bild: die Mehrheit der Bestände steht in einem - für einen (gewesenen) Wirtschaftswald - beachtlichen Alter; in einem konventionellen Wirtschaftsplan würde man bei einem Anteil der über 60-jährigen Bestände von rund zwei Dritteln zweifellos "Ueberalterung" beklagen. Bestände von 100 und mehr Jahren, die in einem Wirtschaftswald als alt gelten, haben im Naturwald, wo Buchen 300 bis 400 Jahre alt werden können, aber noch kaum die Lebensmitte erreicht. Wenn sie dann gleichzeitig auch noch eine stufige und gemischtaltrige Struktur erreicht haben werden (bis jetzt wurden lediglich 10% der Waldfläche als stufig bezeichnet), sind sie auf dem besten Weg dazu, sich der Altersbestimmung zu entziehen und in ihre Rolle als Bestände eines Buchen-Naturwaldes hineinzuwachsen.
 
 

4. Rottanne, Lärche und Föhre sind in den heute bestehenden Anteilen für den Sihlwald unnatürlich, wogegen die Weisstanne möglicherweise weit häufiger vorkommen sollte. Es ist allerdings nicht eindeutig, wie ein Naturwald im Raum des mittleren Sihltales aussehen würde und aus welchen Baumarten mit welchen Anteilen er zusammengesetzt wäre (dazu fehlt es an Vergleichsbeständen). Nach ELLENBERG und KLöTZLI (1972) kann angenommen werden, dass nahezu alle der "mittleren" Waldflächen im Naturwald von Buchen (oder allenfalls Eschen) dominiert würden und dass "stellenweise dominierend" wären: die Tanne, der Bergahorn, die Linde, die Ulme, die Schwarzerle und die Hagebuche. Es wäre also keine Rede von Rottanne, Lärche oder Föhre (mit Ausnahme der wenigen und speziellen Föhrenstandorten). Man darf also annehmen, dass mit den erwähnten Verschiebungen bei den Baumarten-Anteilen (6% weniger Nadelholz, 4% mehr Buche) die Entwicklung in Richtung Naturwald verlaufen ist.
 
 

5. Zuwachs und Nutzung sind Grössen, die im Zuge der Reservatsbildung an Bedeutung verlieren werden. Vorübergehend - und vor allem in den letzten sechs Jahren - wurde mehr Holz geschlagen, als zugewachsen ist. Es ist dies auf die grossflächigen Durchforstungsschläge zurückzuführen, die mit dem Ziel vorgenommen wurden, die ausgedehnten ein- oder zweischichtigen Kahlschlag-Nachfolgebestände in einen naturnaheren Zustand zu überführen. Diese Mehrnutzungen sind umso unbedenklicher, als die davon profitierenden Bäume zweifellos zu grösseren Wachstumschüben angeregt werden.
 
 

6. Die Nachhaltigkeit i.e.S. bezieht sich immer auf die zu erwartende, im Idealfall gleichbleibende Nutzung (an Holz). Mit voranschreitender Reservatsbildung soll letztere aber abgebaut und schliesslich völlig unterlassen werden. Andere nachhaltige Nutzleistungen des Waldes würden allerdings weiterhin oder sogar erst nach der Reservatsbildung erbracht: Erhaltung von Waldboden und Wuchskraft, dauernde und hohe Vorratshaltung an Biomasse, Erhaltung von natürlichen Biotopen, Erholungsnutzen, Bildungsaufgaben, Landschaftsbild usw. usw.
 
 
 
 

3.3 Erschliessung
 
 
 
 

Im Rahmen der Grundlagenstudien wurde auch die gegenwärtige Erschliessung des Sihlwaldes analysiert und die Möglichkeit einer Reduktion des Strassennetzes im Rahmen der Reservatsbildung untersucht (HüNERWADEL/S.+L.IRMANN-ZIMMERMANN, 1988).
 
 

Seit 1930 wurde auf eine konsequente Erschliessung mit lastwagenbefahrbaren Strassen und traktorbefahrbaren Wegen hingearbeitet. Die Gesamtlänge der bis heute erstellten Erschliessungseinrichtungen ist jedoch nicht mit Genauigkeit zu ermitteln, da keine eindeutige Klassifikation von Strassen und Wegen besteht. Je nach dem, ob eine Waldstrasse, an der - weil sie als solche nicht mehr benötigt wird - schon längere Zeit keine Unterhaltsarbeiten mehr ausgeführt wurden, noch als LKW-Strasse oder schon als traktorbefahrbarer Weg bezeichnet wird, ändern sich die Längenangaben. Zahlen dazu finden sich im Wirtschaftsplan 1981, in den Jahresberichten 1981-1990 und in der erwähnten Grundlagenstudie. Im Vergleich ergibt sich folgendes Bild:
 
 
 
WP 1981 und Jahresberichte  Grundlagenstudie 1988 
LKW - Strassen  56 km  49 km 
gut befahrbare Erd- + Maschinenwege  13 km  20 km 
Total  69 km  69 km 
pro ha  68 m'  68 m' 

Tab. B-7: Erschliessung: Vergleich WP 1981 und Grundlagenstudie 1988
 
Bezüglich der Gesamtlänge besteht also Uebereinstimmung. Der Bestand an LKW-Strassen liegt noch unter dem Durchschnittswert von 60 lfm pro ha, wie er im schweizerischen Landesforstinventar für die öffentlichen Waldungen des Mittellandes und für eine Höhenstufe von 600 bis 1000 m ü.M. erhoben wurde.
 
 

Das Wegnetz im Sihlwald war von Beginn weg auf Traktorbringung ausgerichtet, d.h. es wurde auf Strassen, auf schlepperbefahrbaren Wegen oder auf dem Waldboden mit dem Rückefahrzeug so nahe an die gefällten Stämme herangefahren, dass diese mit dem darauf montierten Seilzug herangezogen werden konnten (Reichweite 100 bis 150 m). Auf so druckempfindlichen Böden wie im Sihlwald ist dies - auch bei bester Organisation - keine besonders pflegliche Arbeitsweise: es bleiben überbeanspruchte Böden, tiefe Geleise im Bestand und an Wurzelanläufen verletzte Bäume zurück.
 
 

Als Alternative bietet sich heute der Seilkran an: die Stämme werden in der Luft oder nur mit dem dünneren Ende am Boden schleifend auf schonende Weise abtransportiert. Die Seilbringungstechnik hat sich in den letzten zehn bis zwanzig Jahren geradezu revolutioniert: es gibt heute neigungsunabhängige Allterrain-Verfahren (Seilkrananlagen mit 3- oder 4-Seilsystemen), mit denen Stämme von einer Waldstrasse aus bis zu einer Distanz von 600 m erreicht und herangezogen werden können.
 
 

Zieht man den Einsatz dieser modernen Bringungsmittel in Betracht, muss man zum Schluss kommen, dass der Sihlwald übererschlossen ist, und dass das Strassennetz - gerade im Zuge der Reservatsbildung - drastisch reduziert werden könnte (vgl. Kap. C- 3.4 und DIII-4.2).
 
 
 
 
 
 
 
 

3.4 Waldbauliche Behandlung
 
 
 
 

Auf den Werdegang der waldbaulichen Behandlung

- von den Saum-Kahlschlägen, wie sie noch zu Beginn des 19.Jahrhunderts praktiziert wurden,

- über deren Ergänzung mit Lichtungshieben und konsequenter Niederdurchforstung in den Jungbeständen unter Forstmeister Meister

- bis hin zur nicht ganz konsequenten Einführung des "verfeinerten, schweizerischen Femelschlagbetriebes" gepaart mit dem "Auslese- und Veredelungsverfahren" nach Prof.Schädelin (GUGELMANN/LICHTI, 1962) ab 1930

ist im vorangegangenen Kapitel B-2.5 schon hingewiesen worden.
 
 

Obwohl mit dem Femelschlag schweizerischer Prägung üblicherweise keine stufigen Bestände angestrebt werden, scheint dies damals - 1930 - eines der Ziele gewesen zu sein. Im Wirtschaftsplan von 1931 wird bedauert, dass nach einer erstmaligen Verjüngung noch keine grosse Stufigkeit zu erreichen sei. Dagegen kritisieren Gugelmann und Lichti (1962) in einem Exposé über den Sihlwald (den "sprunghaften Uebergang von der Saumschlagwirtschaft zum 'Dauerwaldsystem'". Vor allem die Nachzucht von Lichtbaumarten sei "mit der Aufgabe der räumlichen Ordnung unter dem Einfluss der alles beherrschenden Plenteridee" verunmöglicht worden. Als Zeugen dieser verfehlten Waldbau-Doktrin seien die "zerstreuten Fichten-Jungwuchsgruppen" im Gebiet des Roosevelt-Platzes anzuführen. Die räumliche Ordnung wäre nach Gugelmann und Lichti vor allem durch die Beachtung der Transportgrenzen bei der Verjüngung gegeben.
 
 

Eine Sonderstellung nehmen zwei Bestände - 2703 und 2705 - der Abteilung 27 ein: sie wurden vor 120 bis 140 Jahren, also zwischen 1850 und 1870, nach dem sogenannten Gehretschen Vorwaldsytem begründet (Gottlieb Gehret, 1800 - 1869, Forstinspektor in Aarau) oder waren von der waldbaulichen Arbeit, die in Lenzburg geleistet wurde, inspiriert. Anliegen Gehret's war es, das Baumwachstum durch Bodenauflockerung und ein grösstmögliches Mass an Luft und Licht zu fördern. Der Waldboden wurde durch eine landwirtschaftliche Zwischennutzung gelockert. Anschliessend wurden auf der Kahlfläche, wo man sich viel Luft- und Lichtgenuss versprach, als Hauptbestand Reihen von Buchen, Hagebuchen, Eichen u.a.m. gepflanzt. In den Zwischenreihen hat man schnellwüchsige Baumarten wie Lärche, Föhren, Stroben oder Birken eingebracht, die - nach dem Vorbild des Mittelwaldes - schon nach 30 Jahren genutzt werden sollten. Nach weiteren 30 Jahren sollte auch der Hauptbestand geschlagen werden. Wo die Nadelbäume des Vorwaldes gut aufkamen war das Gehretsche Vorwaldsystem ungeplant erfolgreich, denn nicht die als Hauptbaumarten gepflanzten Laubbaumarten, sondern die Föhren, Lärchen, Fichten und einige verbleibende Laubbäume sollten die prächtigen Mischbestände bilden, die weit über die ursprünglich geplanten 60 Jahre stehen blieben. In den zwei Beständen der Abteilung 27 ist das Resultat nicht anders: zu vier Fünfteln besteht die Hauptschicht aus wertvollen Nadelhölzern, wogegen in der Mittel- und Unterschicht zu 90 und mehr Prozenten Laubbäume stocken. Die beiden Bestände umfassen knapp 5 Hektaren und sollten als (forst)geschichtliches Zeugnis erhalten bleiben.

Im übrigen werden bis zum Wirtschaftsplan 1981 keine neuen waldbaulichen Akzente gesetzt; es bleibt - zumindest theoretisch - beim "verfeinerten Femelschlagverfahren, ohne starres Schema bezüglich Hiebsart und Umtriebszeit, unter Berücksichtigung von Standort und angestrebter Baumartenmischung" (Wirtschaftsplan 1971).
 
 

In den Wirtschaftsplänen 1951 - 1971 wird eine zunehmende Ueberalterung der Bestände diagnostiziert. Der Sorge um einen nachhaltigen Aufbau der Bestände wurden Althölzer bedenkenlos, aber auch erfolgreich geopfert, denn im Wirtschaftsplan 1981 wird übergangslos festgestellt, dass "die alten Starkhölzer (100-120 Jahre) massiv untervertreten sind"! Tatsächlich nahmen sie vor zehn Jahren lediglich noch einen Anteil von neun Flächenprozenten ein statt sechzehn, wie es sich für einen nachhaltig aufgebauten Wirtschaftswald mit einer Umtriebszeit von 120 Jahren gehören würde. Auf grosser Fläche vorhanden sind dagegen 60- bis 100-jährige Bestände, die also 1951 - als erstmals Ueberalterung festgestellt wurde - nicht mehr als 30-70 Jahre alt gewesen sein müssen.
 
 

Die Aufteilung in Nadel- und Laubholz hat sich in der Zeit von 1931 bis 1981 nicht im Sinne der Bewirtschafter entwickelt - auch nicht tendenzmässig. 1931 wurde die Meinung vertreten, dass der Nadelholzanteil von dazumal rund 47% bis auf 60% ansteigen dürfe, was aber nicht dazu führen solle, "das Laubholz zu stark einzuschränken". 1981 besteht der Sihlwald aber zum Glück nach wie vor nur zu 45% aus Nadelholz. Selbstverständlich lässt sich diese Verhältniszahl nicht leicht manipulieren oder von einer Inventur zur andern umkrempeln. Es ist offensichtlich, dass Jungbestände, mit denen solche Umstrukturierungen eingeleitet werden müssen, noch über Jahrzehnte ohne wesentliche Wirkung auf die Zusammensetzung der Massenanteile sind.
 
 

Die Baumartenanteile blieben deshalb in der Zeit von 1931 bis 1981 bemerkenswert konstant. Einen markanten Rückgang hat eigentlich nur die Föhre erlitten (von ca. 4.5 auf 2.5 Volumenprozenten), was auf der andern Seite von der Esche kompensiert wurde (Zunahme von 8 auf 10.5%). Das würde die oben angeführte Feststellung bestätigen, wonach Lichtbaumarten in allzu kleinflächig geführten Verjüngungshieben nicht nachgezogen werden können.
 
 

Bei der Jungwaldbegründung sind zwei Tendenzen auffällig und aufschlussreich:
 
 

- Die Zahl der gepflanzten Bäume wurde von 1941 bis 1981 drastisch reduziert - von 45'000 Stück/Jahr in den vierziger Jahren auf 15'000 in den siebziger Jahren. Auch wenn anzunehmen ist, dass ein wesentlicher Anteil der rund 40'000 Buchen in der Periode 1942-51 zur Unterpflanzung Verwendung fand, ist es doch offensichtlich, dass Ende der siebziger Jahre der Anteil der Naturverjüngung mit rund 90% der verjüngten Fläche ungleich grösser ist als zu Beginn der beobachteten Periode.
 
 

- Der Anteil gepflanzter Nadelbäume wurde in der gleichen Zeitspanne sowohl absolut als auch - und dies in besonderem Masse - anteilsmässig gesteigert: von jährlich 3'000 auf 12'000 Stück (in den sechziger Jahren gar 23'000 Stück) bzw. von einem Anteil von 6% auf 80%! Der Rottanne wurde dabei immer der Hauptanteil zugestanden (60-80%), was den Autor des Wirtschaftsplanes 1981 doch eher hoch dünkte, besonders "wenn man bedenkt, dass die Rottanne auch in den Naturverjüngungen spürbar vertreten ist".
 
 

Beide Tendenzen widerspiegeln indessen Zeitströmungen: den Wunsch einerseits, den Waldbau durch Reduzieren der Pflanztätigkeit wieder auf eine natürlichere Grundlage zu stellen und das Verlangen andererseits, mit einem gesteigerten Nadelholz-Anteil möglichst gute wirtschaftliche Ergebnisse zu erzielen.
 
 

Fremdländische Baumarten wurden im Sihlwald - sieht man einmal von der Lärche ab - seit jeher praktisch keine angepflanzt. Schon MEISTER (1903) hat sich kategorisch gegen den Anbau von Exoten gewandt und nicht einmal der Lärche oder der Schwarzföhre (wahrscheinlich wegen ungeeigneter Provenienzen) Kredit eingeräumt.
 
 

Neue waldbauliche Zielsetzungen wurden - im Hinblick auf das Projekt Naturlandschaft Sihlwald - Mitte der achziger Jahre erarbeitet. In einer Art Vorphase zur vorliegenden Neugestaltung wurden seit 1986 sämtliche Holznutzungen ausschliesslich in Form von Durchforstungen getätigt; dies aus fünf Gründen:

- Für den Fall einer späteren Waldsterbe-Situation können in der Unter- oder Mittelschicht flächendeckend Nachfolge-Bäume aufgezogen werden.

- Für den Fall kommender Kalamitäten soll auf keinen Fall ein Durchforstungs-Nachholbedarf anstehen.

- Nach 1992 wird der Europäische Holzmarkt wahrscheinlich Holzexporte aus der Schweiz erschweren; besser ist es dann, schwache Dimensionen und schlechtere Sortimente genutzt zu haben und statt dessen mit Qualitäts-Sortimenten auf den Markt gelangen zu können.

- Starke Durchforstung bewirkt die Ausformung grosskroniger, tief beasteter Bäume, die Gefahren aller Art besser zu widerstehen vermögen.

- Ein stark durchforsteter Wald mit naturgemässer Struktur wirkt schöner und entspricht in idealer Weise forstästhetischen Zielsetzungen.
 
 

Selbstverständlich wurden die Durchforstungsschläge so ausgeführt, dass gleichzeitig die Zielsetzung "Regeneration Naturlandschaft" erfüllt wurde. Zu diesem Zweck wurden mit ausgewiesenen Experten zahlreiche Begehungen und Besprechungen durchgeführt, wobei besonders intensiv darüber diskutiert wurde, ob sich mit gezielten waldbaulichen Massnahmen der Rückbau zum Naturwald beschleunigen lasse oder ob den Eingriffen letzten Endes immer das Künstliche, das menschlich Unzulängliche anhaften wird. Die dabei gesammelten Erkenntnisse zeigen, dass die Ansichten darüber zumindest geteilt sind. Für aktive Gestaltungsmassnahmen sprachen bisher die folgenden Argumente: - Die Vorstellungen darüber, wie Naturwald im Sihlwald aussehen könnte, sind dank der Urwald-Forschung so weit gediehen, dass ohne allzu grosse Risiken mit waldbaulichen Massnahmen darauf hingearbeitet werden kann.

- Die aktive Rückführung wird von Experten aus den östeuropäischen Urwaldgebieten als gangbarer Weg betrachtet, während Fachleute in Deutschland und Oesterreich jede Lenkung der Entwicklung für überflüssig halten; es besteht unter Experten keine einstimmige oder überwiegende Meinung gegen aktive Gestaltungsmassnahmen.

- Forst- und bestriebspolitisch sind aktive Gestaltungsmassnahmen vorderhand einfacher zu begründen als der Verzicht darauf.
 
 

Zusammen mit den oben angeführten Argumenten für eine intensive Durchforstung der Sihlwald-Bestände wurde deshalb ab 1986 eine provisorische waldbauliche Neuorientierung vorgenommen, die die Schaffung stufiger, altholzreicher Bestände zusammengesetzt aus den Baumarten der natürlichen Waldgesellschaften zum Ziel hatte. Diese waldbauliche Neuorientierung ist ganz im Sinne der immer noch gültigen Beschlüsse des Stadtrates von 1925 (siehe Kapitel B-2.5).
 
 
 
 
 
 

3.5 Durchforstungs-Versuchsflächen, Bewirtschaftungsverträge
 
 
 
 

Sowohl ETHZ wie WSL betreiben im Sihlwald Durchforstungs-Versuchsflächen, die wie folgt zu charakterisieren sind:
 
 

  - WSL-Versuchsflächen: die drei heute noch in Betrieb stehenden Flächen wurden 1907 im Birriboden (Abt.12/13) in einem 20-jährigen natürlichen Laubholzbestand (Buche, Esche, Bergahorn) mit beigepflanzten Fichten und Tannen eingerichtet. Sie sollten Aufschluss geben über die Holz- und Wertproduktion bei unterschiedlicher Durchforstungsart. Je eine der drei 20 bis 50 a grossen Flächen wurden hochdurchforstet, eine niederdurchforstet und eine - als Vergleichsfläche - unbehandelt gelassen. 1947 und 1959 wurden von der WSL Ergebnisse dazu zusammengestellt. Danach ist festzuhalten, dass

* 1947 der Holzvorrat in der unbehandelten Fläche am grössten war (1'510 Bäume mit 629 Silven/ha), geringer in der niederdurchforsteten (754 Bäume mit 475 Silven/ha) und am niedrigsten in der hochdurchforsteten Fläche (448 Bäume mit 423 Silven/ha)

* bis 1959 die Gesamtproduktion an Holz annnähernd gleich war: 969 m3/ha in der unbehandelten, 961 m3/ha in der niederdurchforsteten und 945 m3/ha in der hochdurchforsteten Fläche

* während der beobachteten Periode (1907 bis 1959) die jährlichen Zuwächse pro Hektare 16.0 m3 (unbehandelt), 15.5 m3 (niederdurchforstet) und 15.7 m3 (hochdurchforstet) betrugen

* 1959 der Nadelholzanteil in der unbehandelten Fläche am geringsten war (1%), etwas höher in der niederdurchforsteten (11%) und am bedeutendsten in der hochdurchforsteten Fläche (25%)

* 1947 in der unbehandelten Fläche lediglich 7% schöne, wirtschaftlich brauchbare Stämme standen, wogegen in der niederdurchforsteten Fläche jeder zehnte, in der hochdurchforsteten jeder vierte Stamm diese Qualifikation erfüllte.

- ETHZ-Versuchsflächen: 1930 wurden von Prof. Schädelin in ungefähr 40-jährigen Beständen je drei Flächenpaare ausgeschieden: im "Tannbühl" (Abt.3; Buche, Esche, Bergahorn; halbe Hanghöhe, Versuchsfläche 1985 aufgehoben), im "Birriboden" (Abt.12; Buche; ebenfalls halbe Hanghöhe) und auf dem "Schröterboden" (Abt.14; Buche, Tanne, Fichte z.T. gepflanzt; Hangfuss in der Nähe Sihltalstrasse).

  Ziel der Untersuchungen war es, den Einfluss der Durchforstungsstärke auf Zuwachs, Durchforstungserträge, soziologische Umsetzungen, innere Reaktionen des Bestandes und gesamte Wertleistung zu belegen. Es wurde deshalb je eine der paarweisen Flächen "stark", die andere "schwach" durchforstet. Die - mit Ausnahme Versuchsfläche "Tannbühl" - bis heute fortgesetzten Eingriffe und Messungen belegen folgende Sachverhalte (LEIBUNDGUT, AUER und WIELAND, 1971):

* Die erzielte Bestandesstruktur bestimmt die künftige waldbauliche Behandlung: in stark durchforsteten Flächen sind Elitebäume herausgearbeitet und nur noch schwache Eingriffe notwendig; in schwach durchforsteten Beständen sind Elitebäume nicht mehr entwicklungsfähig, die Eingriffe müssen schwach bleiben.

* Die Umsetzung vom Neben- in den Hauptbestand ist in allen Flächen gering: Auslese und Begünstigung lohnt sich im allgemeinen nur in der Oberschicht.

* Im Höhenwachstum wurden keine Unterschiede festgestellt.

* Die gesamte Wuchsleistung ist gleich gross, in den stark durchforsteten Flächen jedoch auf qualitativ bessere Bäume vereinigt.

* In den stark durchforsteten Flächen ist der Wert der Vornutzung pro m3 um 20% höher.

* Die gesamte Wertleistung ist in den stark durchforsteten Flächen 15% höher, obwohl auch die schwach durchforsteten Flächen nach dem Ausleseprinzip behandelt wurden; die jährliche Mehrleistung der stark durchforsteten Flächen beträgt Fr. 105.- pro ha gegenüber der schwach durchforsteten Flächen.

 Obwohl die Fragestellungen bei den beiden Versuchsserien grundsätzlich verschieden ist, kommen letztlich sehr ähnliche Resultate zustande. Es ist damit nachgewiesen, dass sich eine starke Hochdurchforstung vor allem in bezug auf Wertschöpfung lohnt. Stärkere Zuwächse oder grössere Bestandeshöhen sind dagegen nicht zu erwarten. Die Versuchsflächen werden von den beiden Institutionen immer noch betreut und es wäre erfreulich, wenn gelegentlich neuere Auswertungen ev. unter dem veränderten Gesichtswinkel der Rückführung zu Naturwald zusammengestellt würden.
 
 

1972 hat das Stadtforstamt mit der PRO SILVA HELVETICA eine Vereinbarung getroffen, wonach die ganze Abteilung 12 (Birriboden, 29.5 ha) während mindestens 50 Jahren nach dem Plenterprinzip zu bewirtschaften sei. Die wenigsten Bestände zeigen allerdings heute schon Plenterstruktur; diese muss erst mittels Plenterdurchforstungen herbeigeführt werden. Solche werden mittlerweile, d.h. seit 1985, im ganzen Stadtwald, soweit er regelmässig bewirtschaftet wird, durchgeführt. Der Vertrag mit der PRO SILVA HELVETICA wird im Rahmen des Konzeptes Naturlandschaft Sihlwald weiter erfüllt werden.

3.6 Waldschäden/Katastrophen
 
 
 
 

3.6.1 Sturm und Schneedruck
 
 

Die Sihlwaldungen sind seit den verheerenden Schneebruchschäden von 1885 - ein früher Schneefall drückte 60 ha noch belaubte Bestände mit rund 45'000 Festmeter Holz zu Boden - und 1908, wo noch einmal 6'000 m3 Schadholz anfielen, lange Zeit von katastrophalen Ereignissen verschont geblieben. Nur noch zweimal - 1967 in dem verheerenden Sturm, der weitherum Schaden anrichtete, und in einem Föhnsturm von November 1982 - wurden 9'000 bzw. 3'500 m3 Holz geworfen.
 
 

Die besondere Gefährdung durch Schneedruck erklärt sich aus der leeseitigen Lage im Windschatten des Albiskammes: es können in kurzer Zeit grosse Schneemengen niedergehen und sich - weil die Winde abgeschirmt sind - auf den Baumkronen festsetzen. Besonders verheerend sind Schneefälle ins belaubte Holz, also Früh- oder Spätwintereinbrüche.
 
 

Im Bereich des Sihlwaldes verläuft das Sihltal in Nord-Süd-Richtung und ist deshalb fast nur der Bise (selten heftig) oder dem Föhn (heftige Stürme möglich) ausgesetzt. Am weitaus häufigsten von Sturmschäden betroffen sind deshalb die südlichen Partien des Sihlwaldes im Forstrevier I.
 
 

Trotz grösster Umsicht und waldbaulicher Erfahrung können Schäden durch Schneefall oder Sturmeinwirkung nicht vollständig verhindert werden. Allgemein weniger gefährdet sind allerdings kräftige Baumindividuen, die von früher Jugend an in verhältnismässig lockerem Verband aufwachsen und deshalb ein widerstandsfähiges Wurzel- und Astwerk ausbilden. Solche Wuchsbedingungen sind in idealer Weise in Naturwäldern und in solchen mit stufigen Strukturen vorhanden.
 
 
 
 

3.6.2 Vitalität der Baumvegetaion
 
 

Auch im Sihlwald wurden die nach wie vor nicht restlos geklärten "neuartigen" Waldschäden, d.h. das Auftreten von Baumkronen mit merklichen Blatt- oder Nadelverlusten, festgestellt. Diese Phänomene konnten aber nicht durch entsprechende Zuwachsverluste bestätigt werden. Eine 1990 veröffentlichte Studie gibt Aufschluss über die Entwicklung der Vitalität der wichtigsten Waldbäume (KONTIC/ BRäKER/NIZON/MüLLER, 1990). Anhand von jahrringanalytischen Untersuchungen in ausgewählten Beständen entlang der Sihlwaldstrasse wurden für Buche, Esche und Fichte in den vergangenen 20 bis 30 Jahren gleichbleibende oder breitere, niemals aber schmälere Jahrringe gemessen. Die Steigerung erfolgte nicht abrupt und übertrifft heute die Zuwachs-Erwartungswerte, die aufgrund des Alterstrends der Bäume errechnet worden waren.
 
 

Die Erklärung dieses Phänomens wird im Bericht diskutiert:
 
 

- Ausgeschlossen werden können Klimaeinflüsse: statistische Auswertungen von meteorologischen Daten haben keinen Zusammenhang ergeben. Es wäre auch anzunehmen, dass Baumarten unterschiedlich reagieren: z.B. würde Buche von trockenem und warmem Wetter profitieren, nicht aber Eschen und Fichten.
 
 

- Wahrscheinlicher ist dagegen eine Düngungshypothese: indirekt als Folge der Einstellung der Streunutzung oder direkt als wachstumssteigernde Wirkung einer Immissionskomponente. Bonität und Höhenwachstum müssten in diesem Fall auch gestiegen sein.
 
 

- Denkbar wäre aber auch eine Bewirtschaftungshypothese: als Folge der stärkeren Durchforstung hat sich der Standraum der Bäume vergrössert, der Konkurrenzdruck vermindert. Eine Bonitätsverbesserung sollte in diesem Fall nicht festgestellt werden können.
 
 

Für die Düngerhypothese spricht auch die Tatsache, dass heute im Wald schätzungsweise 40kg Stickstoff pro Hektare, via Atmosphäre eingetragen werden (SCHULZ E., 1993). Die Auswirkungen dieser Überdüngung sind bislang nur unzureichend untersucht, können aber eine vermehrte Anfälligkeit der Bäume gegenüber Krankheiten und Schädlingen sowie Veränderungen im Spross- und Wurzelbereich zur Folge haben.
 
 

Einen Sonderfall bildet die Weisstanne: sie hat seit 1956, einem Jahr mit starken Winterfrösten, abrupte und anhaltende Zuwachsverluste hinnehmen müssen. Weisstannen sind Schwefeldioxid-empfindlich; unter dem Einfluss dieser Abgase leidet vor allem ihre Frosthärte. Die Ursachen der Wachstumsschäden an Tannen sind aber weiterhin nicht restlos geklärt.
 
 

Zusammenhänge von Nadel- bzw. Blattverlusten und reduzierten Jahrringen konnten nur bei Weisstanne nachgewiesen werden. Bei Buchen, Fichten und Eschen zeigten dagegen Bäume der Schadstufen 1 und 2 (Nadel- bzw. Blattverluste bis zu 60%) keine Zuwachseinbussen! Bäume höherer Schadstufen reagieren möglicherweise sensibler auf Umweltbedingungen und haben u.U. schon immer lichtere Kronen gehabt. Fichten der Schadstufe 2 haben nachgewiesenermassen seit jeher schmälere Jahrringe produziert. Womöglich wurden sie als schlechtere Provenienzen oder auf ehemaligen Landwirtschaftsflächen angebaut.
 
 
 
 

3.6.3 Flechten als Bioindikatoren für die Luftqualität
 
 

Im Rahmen einer Vergleichsuntersuchung (PULS, 1992) wurde der Flechtenbewuchs auf 15 Eschenstämmen im Cholbenholz (Abteilung 24) erhoben. Die Dauerversuchsfläche umfasst 1/4 Hektare gut wüchsigen Eschen-Mischwald (beigemischt sind Buche und Weisstanne) auf einem Uebergangsstandort vom Ahorn-Eschenwald (Waldgesellschaft 26) zu Buchenwald der unteren Montanstufe (Waldgesellschaften 8as und 12w: relativ hohe Boden- und Luftfeuchte). Der Bestand stockt in einer kleinen Mulde und wird von einem Waldbächlein durchflossen. Der Boden ist stellenweise ziemlich feucht.
 
 

Obwohl im Sihlwald mit der "kalibrierten Flechtenindikationsmethode" eine geringe bis mittlere lufthygienische Belastung ermittelt wurde und der Flechtenbewuchs keineswegs optimal ist, zeigten sich deutliche Unterschiede gegenüber der Vergleichsfläche beim Moosholzweiher im Zürichberg. In der grösseren Stadtnähe wurden nicht nur weniger Flechten registriert, sondern auch

. gehäuft immissions- und säuretolerante Flechten

. eine höhere NO2-Belastung

. eine durchschnittlich grössere Kronenverlichtung nach SANASILVA-Methode (statistisch nicht gesichert).
 
 

Der Standort im Sihlwald kann also als weniger belastet bezeichnet werden als derjenige am Zürichberg. Optimale Wuchsverhältnisse sind aber auch in dieser relativen Abgeschiedenheit heute nicht mehr zu erwarten, da der Luftraum in ganz Mitteleuropa oder gar weltweit einer hohen Gesamtbelastung ausgesetzt ist. Die Untersuchungen auf den Dauerbeobachtungsflächen sollten periodisch wiederholt werden.
 
 

Die Ergebnisse der Flechtenuntersuchungen stützen sich lediglich auf zwei Probestandorte, Zürichberg Moosholzweiher und Sihlwald Cholbenholz. Wie noch unveröffentlichte Folgeuntersuchungen bereits zeigen, können daraus keine allgemeingültigen Aussagen gemacht werden.
 
 
 
 
 
 
 
 

3.7 Jagd und Wild
 
 
 
 

Das grossflächig geschlossene Waldareal des Sihlwaldes bietet den verschiedenen Wildarten ganz spezifische Lebensbedingungen, wie sie nicht an manchen Orten in der Schweiz zu finden sind. Aus den beiden Grundlagenstudien "Fauna" und "Forst- und jagdwirtschaftliche Nutzung des Sihlwaldes" kann zu den einzelnen Wildarten folgendes entnommen werden:
 
 

- Reh: Es herrschen keine idealen Lebensbedingungen, weil Austritte fehlen; es kann mit einem Bestand von 20 bis 30 Stück pro 100 Hektar gerechnet werden.
 
 

- Hirsche: Es ist nicht klar, ob die Hirsche im Sihlwald zum Standwild gezählt werden dürfen oder nicht (es werden von Förstern und Wissenschaftern widersprüchliche Aussagen gemacht); der Sihlwald dürfte für einen ganzjährigen Aufenthalt von Hirschen wahrscheinlich doch zu klein sein.
 
 

- Wildschwein: Die Bedingungen sind insbesondere links der Sihl nicht ideal: zu wenig Sonneneinstrahlung, zuviel Störungen durch Erholungssuchende oder Hunde, zu wenig Nahrung in Form von Eicheln.
 
 

- Fuchs: z.Z. hohe Bestände besonders in Siedlungsnähe (Kulturfolger)
 
 

- Dachs: als Kulturfolger meist in Waldrandnähe und oft in kolonieartigen Beständen; nahezu ideale Lebensbedingungen
 
 

- Feldhasen: bevorzugen ebenfalls Waldrandzonen, ca. 30-50 Stück
 
 

- Steinmarder: vorhanden
 
 

- Baummarder: vermutet, vor einigen Jahren beobachtet; sehr störungsemfpindlich; verlangt grosse zusammenhängende Altholzbestände
 
 

- Iltis: Vorhandensein wird vermutet
 
 

- Mauswiesel: ebenfalls vermutet
 
 

- Biber: Auftreten im benachbarten Gebiet am Sihlsprung
 
 

Ungünstig für alle Wildpopulationen ist die intensive Bewirtschaftung rund um den Sihlwald: es wird früh gemäht und abgeerntet, die Nahrung ist durch Düngung entwertet und es mangelt an unbewirtschafteten Flächen mit Wildwuchs. Einschränkend sind auch die Schafzäune in Waldrandnähe.
 
 

Das Schalenwild wird an zahlreichen Stellen gefüttert; es ist - weil durch Störungen fast ununterbrochen in Bewegung - darauf angewiesen, in kurzer Zeit hochwertige Nahrung aufzunehmen. Jungpflanzen kommen trotz sporadisch auftretenden Verbiss- oder Fegeschäden fast überall im Wald problemlos auf; durch gezielte waldbauliche Massnahmen (Naturverjüngung, kräftige Durchforstungen, Verzicht auf Einzäunungen) wurde in jüngster Zeit das Aesungsangebot qualitativ und quantitativ verbessert.
 
 

Der Sihlwald ist jagdlich verschiedenen Revieren zugeteilt: 180 ha dem Revier Horgen I, 600 ha Horgen II und 250 ha dem Jagdrevier Langnau. Kleinere Teilstücke gehören zu weiteren benachbarten Revieren. Die Zusammenarbeit zwischen Förstern und Jägern bietet keine Probleme: die geringfügigen Aufwendungen für den Wildschutz werden von der Jägerschaft ohne bürokratische Formalitäten vergütet. Erschwert wird die Jagd nicht selten durch die Anwesenheit von Waldbesuchern, die oft schon frühmorgens unterwegs sind.
 
 

Das grösste Problem für das Wild ist die starke Begehung durch erholungssuchende oder sporttreibende Menschen. Besonders empfindlich reagieren Hirsche und Wildschweine, die in der Folge meist abwandern. Für Unruhe oder Stress sorgen auch streunende Hunde und - seit ihr Bestand wieder zugelegt hat - die Füchse.
 
 

Der Schalenwildbestand ist im Sihlwald zweiffellos höher als er von Natur aus zu erwarten wäre. Die Verbisschäden an Weisstanne und Eibe sind die Folge davon. Trotzdem mag die Weisstanne wie auch der verbissgefährdete Bergahorn gerade noch aufkommen. Die Wilddichte bewegt sich am oberen Rand des Tragbaren. Aus waldbaulicher und naturschützerischer Sicht ist es wünschenswert, künftig auf die Winterfütterung des Wildes zu verzichten, da im Sihlwald ein ausreichendes Äsungsangebot vorhanden ist und mit der Winterfütterung ein untragbar hoher Wildbestand 'durchgefüttert' wird.
 
 

3.8 Erholungsfunktion Die Bedeutung des Sihlwaldes für die Erholung ortsansässiger oder zugereister Bevölkerungsteile ist in einer weiteren Grundlagenstudie dargestellt (HESSE+SCHWARZE+PARTNER: Erholung in der Naturlandschaft Sihlwald, Zürich 1989). Darin werden die bestehenden privaten und öffentlichen Nutzungen des Sihlwaldgebietes analysiert und bewertet. Wo nicht anders vermerkt, basiert Nachstehendes auf dieser Studie.
 
 

Die Besucher des Sihlwaldes konzentrieren sich hauptsächlich auf die Gebiete des Albispasses (Lagern, Einkehren, Wandern, Wintersport), des Albiskammes (Wandern) und des Sihllaufes (Wandern, Lagern). An schönen Wochenenden suchen gesamthaft 8'000 bis 11'000 Personen das Gebiet auf, wobei sich schätzungsweise bis zu 3'500 Besucher gleichzeitig im Sihlwald aufhalten.
 
 

Im Sihlwald sind rund 40 km markierte Wanderwege ausgeschieden (nach Büro für Landschaftspflege, 1990). Die Hauptachsen verlaufen

- in Richtung des Haupttales (Thalwiler-/Tableten-/Bodenmattstrasse am Sihlufer, Sihlwaldstrasse, Bachtelen-/Waldgatterstrasse, Schnabel-/Waldmatt-/Weierbrunnenstrasse) oder

- quer dazu (Spinnerweg, Albishornstrasse, Steinchratten-, Schweikhofweg).
 
 

Die Wanderrouten benutzen auf neun Zehnteln der Länge die forstliche Erschliessungsinfrastruktur (Waldstrassen/Maschinenwege). Nur rund 4 km des offiziellen Wanderwegnetzes im Sihltal sind nicht befahrbare Fusswege.
 
 

Der grösste Teil der Erholungssuchenden reist mit dem Personenwagen an: auf dem Albispass z.B., an einem schönen Herbsttag, rund 80-90% der Besucher. Dieses Missverhältnis sollte durch die Verbesserung des Angebotes an öffentlichen Verkehrsmitteln behoben werden.
 
 
 
  Konkurrenziert wird diese Erholungs"tätigkeit" durch:
 
 

- Land- und Forstwirtschaft: intensive Kulturlandnutzung bis direkt an Waldrand; grösste forstliche Aktivität im Winter
 
 

- Verkehr: stark befahrene und gefährliche Sihltalstrasse mit 16'000 Fahrzeugen zwischen 06.00 und 22.00 Uhr (1'000 Fahrzeuge pro Stunde) und einem LKW-Anteil von 12%; im Wald seit Erscheinen der VCS-Radwanderweg-Publikationen "Rund um den Albis" und "Zimmerbergtour" vermehrt Radfahrer, die von anderen Erholungssuchenden zeitweise als störend empfunden werden
 
 

- Schutzzonen: verschiedene Natur- und Landschaftsschutzgebiete (vgl. Kapitel B-1.8), die unter allzu intensiver Erholungsnutzung leiden können
 
 

. grössere Projekte: Kabel- oder Freileitung Schaltwerk Sihlbrugg-Thalwil; Reservoirerweiterung Chapf, Horgenberg; Freileitung unt. Rengg-Rengg.
 
 

Der hauptsächlichste Störfaktor im Sihlwaldgebiet ist - neben den allgemeinen Umweltbeeinträchtigungen, wie sie überall vorkommen - eindeutig der Lärm. In einem Bereich von 150 m beidseits der Sihltalstrasse - auf einer Fläche also von rund 250 ha - wird ein Pegel von 50 dB(A) regelmässig überschritten! Aber auch der Albiskamm und weitere grosse Teile des Sihlwaldes werden vom störenden Grundrauschen der Sihltalstrasse belastet. In relativem Lärmschatten liegen lediglich Abtreppungen und Terrassen. Enormen zusätzlichen Lärm produziert die Sportfliegerei, die an schönen Tagen mit bis zu 20 Flugbewegungen pro Stunde die Erholungseignung drastisch mindert.
 
 

Wenn um Massnahmen zur Verbesserung des Erholungswertes - z.B. Lärmreduktion, Reduktion der Strassenerschliessung oder Verzicht auf projektierte Bauten - diskutiert wird, ist es unerlässlich, eine Schätzung des Erholungsnutzens und des Existenzwertes des Sihlwaldes anzustellen. Eine sozioökonomische Studie dieser Art wurde für den Zürichberg- / Adlisbergwald erstellt (Institut für Empirische Wirtschaftsforschung / Sozialökonomisches Seminar, Universität Zürich: Wertvolle Umwelt, Zürich 1988). Aufgrund von Befragungen vor Ort und am Wohnsitz sowie Frequenzerhebungen im Wald wurde

- der Erholungsnutzen - mit Fragen nach dem "Anreiseaufwand" oder danach, "wieviel ein Waldbesuch kosten dürfe"- und

- der Existenzwert - mit der Frage "Was wären Sie bereit an politischem Engagement oder handfester Hilfe im Wald einzusetzen, um den Wald in seiner heutigen Form zu erhalten?" -

ermittelt. Die gesamte Wertschätzung, d.h. die Aufsummierung von Erholungs- und Existenzwert, hat erstaunliche Zahlen ergeben: 5.0 bis 6.8 Milliarden Franken für den ganzen Wald am Zürichberg mit seinen rund 800 Hektaren oder 607 bis 826 Franken pro Quadratmeter, wobei die Autoren der Meinung sind, dass damit die Bedeutung des Waldes "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unterschätzt" wurde!
 
 

Im Bericht wird eingeräumt, dass "der reine Erholungsnutzen für nicht an gleich zentraler Lage liegende oder schlechter erreichbare Wälder geringer sein" mag, "was aber durch einen grossen ökologischen Nutzen ... und damit einen höheren Existenzwert aufgewogen werden könnte". Solches würde auf den Sihlwald zutreffen: Existenzwert und Erholungsnutzen können nicht hoch genug veranschlagt werden, nicht zuletzt, weil "vielfältige Leistungen des Waldes und nicht quantifizierbare Elemente ... unberücksichtigt geblieben" sind.
 
 

Die gesamte Besucherfrequenz im Sihlwald, den Albissüdhang eingeschlossen, liegt gemäss Studie Hesse+Schwarze+Partner bei jährlich 0.8 bis 1.1 Mio. Erholungssuchenden und damit nur wenig unter derjenigen des Zürichberg-/Adlisbergwaldes (1.2 Millionen). Erholungsnutzen und Existenzwert sind also von mindestens vergleichbarer Dimension. Um einen volkswirtschaftlichen Vermögenswert in der Grössenordnung von mehreren Milliarden Franken zu bewahren, ist es mehr als angebracht, konzentrierte Anstrengungen in Sachen Lärmschutz, Verkehrsumlagerung sowie Wiederherstellung und Bewahrung natürlicher Verhältnisse zu unternehmen!
 
 
 
 
 
 
 
 

3.9 Schutzfunktion des Waldes
 
 
 
 

Der Baumbewuchs im Sihlwald verhindert - auf einem geologisch oft labilen Untergrund - zumindest oberflächliche und oberflächennahe Rutschungen oder kann solche schon nach kurzer Zeit wieder vernarben lassen. Waldbewuchs, Untergrund und Wassereinwirkung sind aber Teile eines dynamischen Systems, das seit Jahrtausenden die Landschaft des Sihltales formt und umformt, und das erst seit rund 100 Jahren durch bauliche Massnahmen - seien es Erschliessungseinrichtungen oder Bachverbauungen - beeinflusst wird.
 
 

Schutz vor natürlichen Vorgängen, wie Murgänge, Ueberschwemmungen oder absackende Hangflanken, wurde erst notwendig, nachdem der Mensch "dauerhafte" Einrichtungen im Sihltal zu erstellen begann, also mit dem Bau der Sihltalstrasse in den Jahren 1855 bis 1857, mit der Erstellung von Holzverarbeitungsbetrieb und Wohngebäuden im Sihlwald und mit der Aufnahme des Bahnbetriebs durch das Tal (1892).
 
 

Es stellt sich hier die mehr rethorische Frage, ob nur ein gepflegter Wald diese, auf das Oberflächliche beschränkte Schutzwirkung erbringen kann und ob dieser Geländeschutz im herkömmlichen Sinn überhaupt noch erstrebenswert ist. Wir - das Team des Stadtforstamtes und der Autor dieses Berichts - sind aufgrund von Beobachtungen und Erfahrungen in ähnlichen Lagen zur Auffassung gelangt, dass zweifellos auch ein vom Menschen nicht gestalteter, natürlich aufgebauter Wald sich selbst zu erhalten vermag. Wo Erosion entsteht, sich vertieft oder wieder vernarbt, ist letztlich nur Natur am Werk und damit unseren Kriterien von gut oder schlecht, erwünscht oder unerwünscht entzogen.
 
 

Zu belegen ist dies kaum, denn es fehlt an Vergleichsflächen oder genügend grossen Versuchsgebieten mit ähnlichen Wuchsbedingungen. An Meinungen von Fachleuten mangelt es jedoch nicht. Ein Zitat dazu - verfasst von Dr.A.Huber, Redaktor von "natur und mensch" - über den Bayerischen Wald, in dem grössere Flächen Gebirgswald seit 1970 nicht mehr bewirtschaftet oder gepflegt werden: "Eindrücklich war dabei die Feststellung, dass grössere, durch Sturm oder Borkenkäfer bewirkte Schadflächen nur in ehemals künstlich eingebrachten, grossflächig gleichaltrigen und gleichförmigen Fichtenbeständen eintreten. In ungleichförmigen, stufigen, aus verschiedenen Baumarten zusammengesetzten Urwaldresten oder anderen plenterartig aufgebauten Beständen dagegen gehen alte oder beschädigte Bäume einzeln ab, wobei die kleinen Lücken im Kronendach sofort wieder durch vitale Nachbarbäume oder natürlichen Nachwuchs ausgefüllt werden."

Geradezu erleichternd fand der Beobachter, dass auf den oft ausgedehnten Schadflächen mit umgestürzten nicht weggeräumten Fichten "sich praktisch überall von Natur aus rasch wieder eine nachfolgende, vitale Kraut- und junge Baumvegetation" einstellt. Die Wiederbewaldung ist "von Natur aus - ohne jede menschliche Massnahme" - gesichert (natur + mensch, 4/1986).
 
 

Solche und ähnliche Beobachtungen bestätigen, dass Wälder nicht zerfallen oder verlorengehen, wenn sie vom Forstmann nicht mehr gepflegt werden, und dass sie - auch im Falle des Sihlwaldes - zumindest den oberflächlichen Erosionsschutz durchaus "in eigener Regie" zu gewährleisten imstande sind. Es hat zwar der Mensch den Wald zum Ueberleben nötig, nicht aber der Wald den Menschen!
 
 

Werden menschliche Einrichtungen wie Verkehrswege oder Bauten in Mitleidenschaft gezogen - was im Fall des Sihlwaldes kaum wahrscheinlich ist -, sind punktuelle, passive Schutzbauten, die Verlegung der Einrichtung oder deren Ausserbetriebsetzung vorzusehen.