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5. Umweltfaktoren und ihre Bedeutung für Regenwürmer

Bei den deutlichen Unterschieden in der Dichte und Biomasse der Regenwürmer zwischen den drei Waldtypen galt es abzuklären, ob sich die Waldtypen auch hinsichtlich der erfassten Umweltfaktoren unterschieden. Dieser Aspekt sowie eine Charakterisierung der Probeflächen durch die untersuchten Umweltfaktoren wird im ersten Teil dieses Kapitels (Unterkapitel 5.1) behandelt. Daneben galt es auch zu untersuchen, inwiefern diese aufgenommenen Umweltfaktoren für die Variabilität der Regenwurmfauna innerhalb der Waldtypen verantwortlich sein könnten. Die Resultate der Korrelation zwischen den Parametern der Regenwurmfauna und den Umweltfaktoren werden im Unterkapitel 5.2 präsentiert.

 

5.1 Charakterisierung der Probeflächen durch die erfassten Umweltfaktoren

Niederschlag

Die über dem Waldboden gemessene Niederschlagsmenge zeigte zwischen den verschiedenen Waldtypen keine Unterschiede. Es konnten zwar zwischen einzelnen gleichzeitig untersuchten Probeflächen Unterschiede in den gemessenen Regenmengen festgestellt werden, diese Unterschiede liessen sich aber nicht auf den Waldtyp zurückführen. Die Abweichungen zwischen den einzelnen Regenmessern der gleichen Probefläche waren zudem oft grösser als zwischen den Waldtypen. Die grösste kleinräumige Variabilität konnte in den Fichtenwäldern festgestellt werden (Abb. 11). Die Varianz der Niederschlagssummen der drei Regenmesser war in den Fichtenwäldern signifikant höher als in den Buchenwäldern (Wilcoxon, p<0.05). Die Mischwälder unterschieden sich in der Varianz der gemessenen Regensummen nicht von den Buchen- und den Fichtenwäldern (Wilcoxon, p>0.1).

Die im Zeitraum von Ende Mai bis Anfangs November im Wald gemessene Niederschlagsmenge lag mit 440 ml um durchschnittlich 40% unter der als Referenzwert gemessenen Menge beim Forsthaus Sihlwald (Abb. 12). Die beim Forsthaus Sihlwald gemessene Regenmenge lag im Jahr 1995 mit 1684 ml um 27% über derjenigen von Zürich im gleichen Jahr.

 

Abb. 11: Mittlere Regensummen auf den Probeflächen.
B: Buchenwälder; F: Fichtenwälder; M: Mischwälder

 

Abb. 12: Vergleich der Regenmessungen im Wald mit derjenigen einer offenen Fläche (Forsthaus)

Bodentemperatur

Das exponentielle Mittel (Kapitel 3.6, Seite 17) der Bodentemperatur in 20 cm Bodentiefe stieg im Sommer 1995 von unter 10 ēC auf beinahe 16 ēC und sank dann im Oktober wieder auf unter 10 ēC. Im Frühjahr 1996 lag die Bodentemperatur unter 8 ēC (Tab. 6). Die Unterschiede im exponentiellen Mittel der Bodentemperatur lagen zwischen den gleichzeitig untersuchten Waldtypen normalerweise innerhalb 1 ēC. Die Richtung der Differenzen zwischen den verschiedenen Waldtypen variierte dabei.

Während im Frühjahr und Sommer die Temperatur in 20 cm Bodentiefe etwa um 1 ēC geringer als in 5 cm Bodentiefe war, unterschied sich die Bodentemperatur in den beiden Bodentiefen im Sommer und Herbst nicht mehr (Tab. 6). Die Mittelwerte der Bodentemperaturen in 20 cm Tiefe lagen in Zürich (offene Fläche) während des Untersuchungszeitraums immer um mehr als 4.5 ēC über den exponentiellen Mittelwerten im Sihlwald (Tab. 6).

  

Tab. 6:	Bodentemperaturen in den Probeflächen verschiedener Waldtypen im Sihlwald.
Waldstandorte: exponentielle Mittelwerte in ēC (siehe 3.6, Seite 17);
Zürich SMA: arithmetische Mittelwerte in ēC.

Waldtyp Ort

Boden-tiefe

24.5.95 -
5.7.95

5.7.95 -
16.8.95

16.8.95 -
27.9.95

27.9.95 -
8.11.95

22.4.96 -
28.5.96

22.4.96 -
28.5.96

Fichtenwälder

5 cm

9.1

15.0

10.7

8.8

7.7

6.8

 

20 cm

8.1

14.0

10.7

9.1

6.5

5.9

Buchenwälder

5 cm

9.4

15.5

11.0

9.3

7.3

8.2

 

20 cm

8.8

14.5

11.0

9.2

6.6

7.5

Mischwälder

5 cm

9.7

15.1

11.2

9.2

7.1

8.3

 

20 cm

8.8

13.5

11.2

9.2

5.6

7.3

Zürich SMA

20 cm

16.7

21.5

17.5

14.0

13.4

13.4

 

 

Mächtigkeit des Ah-Horizonts

Die Mächtigkeit des Ah-Horizonts variierte von 4.5 bis 19 cm. Der schmalste Ah-Horizont wurde im Fichtenwald F4, der mächtigste im Mischwald M1 sowie im Fichtenwald F6 festgestellt (Tab. 8). Im Mittel wurde auf den Probeflächen im Sihlwald ein ca. 12 cm mächtiger Ah-Horizont gemessen (Abb. 24 + Abb. 25). Zwischen den verschiedenen Waldtypen konnte kein Unterschied in der Mächtigkeit des Ah-Horizonts festgestellt werden (p>0.1, Kruskal-Wallis).

 

pH-Wert im Oberboden

Der durchschnittliche pH-Wert in 5 bis 10 cm Tiefe lag bei etwa 4. Obwohl der durchschnittliche pH-Wert zwischen den Buchenwäldern (pH 3.8) und den Mischwäldern (pH 4.8) um eine pH-Einheit abweicht, konnte kein Zusammenhang zwischen Waldtyp und pH-Wert festgestellt werden (p>0.1, Kruskal-Wallis).

 

Humusform

Die im Sihlwald vorherrschende Humusform ist der Mull. Nur in zwei Fichtenwäldern wurde Moder vorgefunden (Tab. 8). In den Mischwäldern wurde in allen Probeflächen typischer Mull als Humusform festgestellt, in den Buchenwäldern trat auch die Humusform moderartiger Mull noch auf. Die Waldtypen zeigten einen signifikanten Unterschied in ihrer Humusform (Kruskal-Wallis, p<0.01).

 

Deckungsgrad der Krautschicht

Der Deckungsgrad der Krautschicht variierte zwischen den Probeflächen des gleichen Waldtyps sehr stark. Probeflächen mit sehr dichter Krautschicht fehlten in allen Waldtypen. Der maximal festgestellte Deckungsgrad der Krautschicht betrug drei Viertel. In allen Waldtypen kamen Probeflächen vor, die einen Deckungsgrad von einem Achtel oder weniger aufwiesen (Tab. 8). Zwischen den verschiedenen Waldtypen konnte kein Unterschied im Deckungsgrad der Krautschicht festgestellt werden (p>0.1, Kruskal-Wallis).

  

Topographische Lage der Probeflächen

Entsprechend der Topographie des Untersuchungsgebietes zeigten die Faktoren Hangneigung und Exposition nur eine geringe Variabilität (Tab. 8). Ausser einer Probefläche, die eine südöstliche Exposition aufwies, hatten alle eine Expositionsrichtung zwischen Norden und Osten. Die steilste Probefläche hatte eine Neigung von 11 °, der Mischwald M4 und der Buchenwald B4 wiesen nur eine Neigung von 1 ° auf. Die topographische Lage zeigte keinen Zusammenhang mit dem Waldtyp (p>0.1, Kruskal-Wallis).

 

 

5.2 Einfluss der geprüften Umweltfaktoren auf die Regenwurmfauna

In diesem Kapitel geht es darum, die neben dem Waldtyp getesteten unabhängigen Umweltfaktoren bezüglich ihres Einflusses auf die Regenwurmfauna zu betrachten. Bei den stark von der Jahreszeit abhängigen Umweltfaktoren Niederschlagsmenge und Bodentemperatur konnte kein Zusammenhang mit der Regenwurmfauna festgestellt werden (Tab. 7). Von den zeitlich mehr oder weniger konstanten Umweltfaktoren zeigten der pH-Wert des Oberbodens, sowie die Mächtigkeit des Ah-Horizonts eine Korrelation mit der Regenwurmfauna (Tab. 7). Da diese beiden Faktoren über alle Waldtypen gesehen korrelierten, wurde der statistische Einfluss dieser beiden Faktoren in den einzelnen Waldtypen, in denen keine Interkorrelation festgestellt wurde, überprüft. Dazu wurde die partielle Korrelation mit dem zweiten Faktor als Kontrollvariable verwendet. Die Resultate dieser Analyse folgen in einem gesonderten Abschnitt.

In den zwei Probeflächen in Fichtenwäldern mit der Humusform Moder wurden nur sehr wenige Regenwürmer festgestellt und diese wiesen ein sehr geringes Biovolumen auf (Tab. 8). Ein Zusammenhang zwischen der Humusform und der Regenwurmfauna konnte statistisch nicht nachgewiesen werden (Tab. 7). Die Krautschicht zeigte sowohl bezüglich Deckungsgrad, als auch bezüglich Artenzusammensetzung keine Korrelation mit der Regenwurmfauna. Der als Mass für das Alter der Bestände verwendete mittlere Baumumfang korrelierte mit der von Hünerwadel et al. (1993) angegebenen Altersklasse der Bestände, in denen die Probeflächen lagen (Spearman, p<0.05), zeigte aber keinen Zusammenhang mit der Regenwurmfauna (Tab. 7). Die Probefläche B3 lag im jüngsten Bestand, der untersucht wurde. Auf dieser Probefläche wurden weniger Würmer gefangen und ein kleineres Biovolumen festgestellt als in den andern Probeflächen der Buchenwälder (Tab. 8).

 

Tab. 7: Statistische Zusammenhänge zwischen den Umweltfaktoren und der Regenwurmfauna.
Der Waldtyp wurde in dieser Analyse nur als Kontrollvariable verwendet.
Individuendichte: Anzahl Regenwürmer / m2; Biovolumen: Volumen aller Regenwürmer / m2
1: Spearman-Korrelation der Differenzen zwischen den gleichzeitig untersuchten Flächen.
2: Partielle Korrelation mit dem Waldtyp als Kontrollvariable.
-: p>0.1, +: p<0.1, * :p<0.05, **: p<0.01

 

Individuendichte

Biovolumen

 

 

 

Niederschlagssmenge1

-

-

Bodentemperatur in 5 cm Tiefe1

-

-

Bodentemperatur in 20 cm Tiefe1

-

-

 

 

 

pH-Wert Oberboden2

**

*

Mächtigkeit Ah-Horizont2

+

*

Humusform2

-

-

Deckungsgrad Krautschicht2

-

-

Baumumfang (Bestandesalter)2

-

-

Hangneigung2

-

-

Exposition2

-

-

Mächtigkeit des Ah-Horizonts und pH-Wert des Oberbodens

In den Fichtenwäldern konnte eine positive Korrelation zwischen der Mächtigkeit des Ah-Horionts und dem gefundenen Regenwurmbiovolumen (p<0.05, r=0.86, partielle Korrelation), nicht aber zwischen der Mächtigkeit des Ah-Horizonts und der gefundenen Regenwurmdichte (p>0.1, partielle Korrelation) festgestellt werden. Auch in den Buchenwäldern korreliert das Biovolumen (p<0.01, r=0.95, partielle Korrelation; Abb. 13), nicht aber die Individuendichte (p>0.05, partielle Korrelation) der Regenwürmer mit der Mächtigkeit des Ah-Horizonts. Dabei wiesen die Böden sowohl innerhalb der Fichtenwälder als auch innerhalb der Buchenwälder bezüglich ihrer Ah-Horizonte erhebliche Unterschiede auf. Böden mit einem Ah-Horizont, der mindestens 16 cm mächtig war, wiesen ein viel grösseres Regenwurmbiovolumen auf als Böden mit einem Ah-Horizont, der eine Mächtigkeit von weniger als 10 cm hatte. In den Mischwäldern hatten alle Böden einen mehr als 10 cm mächtigen Ah-Horizont. Ein Zusammenhang zwischen dem Biovolumen der Regenwürmer und der Mächtigkeit des Ah-Horizonts konnte in diesem Waldtyp nicht nachgewiesen werden (p>0.1, partielle Korrelation). Auch die Regenwurmdichte korrelierte in den Mischwäldern nicht mit der Mächtigkeit des Ah-Horizonts (p>0.1, partielle Korrelation).

Abb. 13: Zunahme des mittleren Regenwurmbiovolumens mit der Mächtigkeit des Ah-Horizonts in Buchenwäldern. n=6. Das dargestellte Regenwurmbiovolumen ist der Mittelwert der je acht Stichproben in den Probeflächen der Buchenwälder. Die Regressionsgerade dient nur als Hilfslinie.

 

Abb. 14: Zunahme der Regenwurmdichte mit dem pH-Wert des Oberbodens in Fichtenwäldern. n=6. Die dargestellte Regenwurmdichte ist der Mittelwert der je acht Stichproben in den Probeflächen den Fichtenwälder. Die Regressionsgerade dient nur als Hilfslinie.

 

Der pH-Wert des Oberbodens korrelierte in den Fichtenwäldern sowohl mit dem Biovolumen (p<0.05, r=0.84, partielle Korrelation) als auch mit der Anzahl der Regenwürmer pro Fläche (p<0.001, r=0.97; partielle Korrelation; Abb. 14). Die beiden Fichtenwälder mit einem pH-Wert von 5.3, respektive 5.6, wiesen ein höheres Regenwurmbiovolumen und eine höhere Wurmdichte auf als die vier Wälder mit einem pH-Wert um 3.5. In den Buchenwäldern konnte kein Zusammenhang zwischen pH-Wert und vorhandenem Regenwurmbiovolumen (p>0.1, partielle Korrelation) oder Anzahl Regenwürmer (p>0.1, partielle Korrelation) festgestellt werden. Auch in den Mischwäldern zeigten das gefundene Regenwurmbiovolumen (p>0.1, partielle Korrelation) und die Regenwurmdichte (p>0.05, partielle Korrelation) keine Korrelation mit dem pH-Wert.

 

Bodenklasse

Zwischen den aus Ah-Horizont und pH-Wert gebildeten Bodenklassen (Kapitel 3.7 , Seite 20) und dem vorhandenen Regenwurmbiovolumen konnte ein signifikanter Zusammenhang nachgewiesen werden (p<0.05, Kruskal-Wallis; Abb. 15). Die Regenwurmdichte zeigte hingegen keinen eindeutigen Zusammenhang mit den Bodenklassen (p<0.1, Kruskal-Wallis; Abb. 16).

Der Waldtyp hatte einen signifikanten statistischen Einfluss auf die Bodenklasse (p<0.05, Kruskal-Wallis). Nur bei den Fichtenwäldern kamen Böden aller Klassen vor. Bei den Mischwäldern fehlten Böden mit tiefen pH-Werten und dünnen Ah-Horzionten, bei den Buchenwäldern Böden mit hohen pH-Werten und mächtigen Ah-Horizonten. Das Regenwurmbiovolumen der Buchen- und Mischwälder lag mit einer Ausnahme in allen Bodenklassen über demjenigen der Fichtenwälder. Die Ausnahme bildete der Mischwald M5, in dem trotz hohem pH und dickem Ah-Horizont ein sehr tiefes Regenwurmbiovolumen festgestellt wurde.

Aufgrund der vorliegenden Daten liess sich nicht nachweisen, ob die Unterschiede in der Regenwurmfauna zwischen den verschiedenen Waldtypen nur auf die Unterschiede in der Bodenklasse, das heisst pH-Wert und Ah-Horizont, zurückzuführen waren. Das Biovolumen und die Dichte der Regenwürmer lagen in den Fichtenwäldern aber bei ähnlichen ph-Werten und Ah-Horizonten mit einer Ausnahme tiefer als in den entsprechenden Buchen- und Mischwäldern.

 

 

Abb. 15: Mittleres Regenwurmbiovolumen in den verschiedenen Bodenklassen.

 

Abb. 16: Mittlere Regenwurmdichte in den verschiedenen Bodenklassen.

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