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4. Regenwurmfauna im Sihlwald

4.1 Artenspektrum

Von 472 im Jahr 1995 im Sihlwald extrahierten Regenwürmern waren 192 adult. Davon konnten 188 Individuen bis auf die Art bestimmt werden (Tab. 2). Von den 13 im Wald gefundenen Arten war bei den adulten Tieren die endogäische Art Octolasion tyrtaeum mit einem Anteil von 29% eindeutig die häufigste Art. Mit einem Anteil von 20% folgten Allolobophora rosea und Octolasion cyaneum. Der Tauwurm (Lumbricus terrestris) war mit einem Anteil von 11% die vierthäufigste Art.

 

Tab. 2: Relative Häufigkeiten der im Sihlwald festgestellten Regenwurmarten.
Für die Berechnung der relativen Häufigkeit wurden nur die im Jahr 1995 im Wald gefundenen, adulten Tiere verwendet. Bei der Art E. tetraedtra wurde nur ein juveniles Tier gefunden, die Art L. polyphemus wurde erst im Jahr 1996 festgestellt.

 

Ökologische Gruppe

Länge in mm
(Cuendet 1990)

Anzahl
Würmer

relative
Häufigkeit

Octolasion tyrtaeum

endogäisch

30-160

55

28.6%

Octolasion cyaneum

endogäisch

50-180

39

20.3%

Allolobophora rosea

endogäisch

40-85

39

20.3%

Lumbricus terrestris

anözisch

130-250

21

10.9%

Lumbricus castaneus

epigäisch

30-60

12

6.3%

Nicodrilus nocturnus

anözisch

90-150

11

5.7%

Nicodrilus caliginosus

epiendogäisch

50-120

4

2.1%

Nicodrilus sp.

anözisch

 

3

1.6%

Lumbricus meliboeus

epigäisch

35-90

2

1.0%

Nicodrilus longus

anözisch

130-170

2

1.0%

Dendrobaena rubida

epigäisch

30-60

2

1.0%

Allolobophora chlorotica

endogäisch

30-80

1

0.5%

Allolobophora sp.

endogäisch, epiendogäisch

 

1

0.5%

Eiseniella tetraedra

epigäisch

30-60

 

 

Lumbricus polyphemus

anözisch

140-450

 

 

 

 

 

192

 

Unter Einbezug der juvenilen Tiere verändern sich die in Tab. 2 gezeigtenVerhältnisse aber zugunsten der Art L. terrestris (Tab. 3). Nimmt man bei der Gattungen Octolasion an, dass sich die juvenilen Tiere im gleichen Verhältnis wie die adulten auf die beiden Arten aufteilen, erhält man einen Anteil von ca. 25% für die Art O. tyrtaeum und einen Anteil von ca. 18% für die Art O. cyaneum. Da bei L. terrestris auch die juvenilen Tiere relativ sicher bestimmt werden konnten, kann man mit einem Anteil dieser Art von 16% rechnen. Bei A. rosea kann man von einem Anteil von ca. 10% ausgehen. Die endogäischen Arten überwiegten anzahlmässig also bei weitem. Mehr als die Hälfte aller Individuen konnte dieser ökologischen Gruppe zugeordnet werden. Die epigäischen Würmer waren mit etwa 7% die am schwächsten vertretene Gruppe.

Die Arten L. terrestris und O. cyaneum wurden jeweils in allen Mischwäldern und mindestens einem Buchen- und einem Fichtenwald festgestellt. Nicht in allen Probeflächen der Mischwälder, aber doch in allen drei Waldtypen, wurden auch die Arten A. rosea, Nicodrilus caliginosus und O. tyrtaeum gefunden (Tab. 9).

Im Jahr 1995 wurden in den Fichtenwäldern insgesamt sechs Arten festgestellt, in den Buchenwäldern acht und in den Mischwäldern zwölf Arten (Tab. 3). Dabei gilt es aber zu beachten, dass in den Mischwäldern insgesamt 22 Stichproben mehr genommen wurden und eine Probefläche mehr untersucht wurde. Verwendet man für den Vergleich der Artenzahl bei den Probeflächen der Mischwälder nur die jeweils ersten acht Stichproben und schliesst die Probefläche der Pilotphase aus, erhält man wie in den Buchenwäldern acht Arten. Die durchschnittliche Artenzahl pro m2 lag in den Fichtenwäldern mit etwas unter zwei Arten unter derjenigen in den Buchenwäldern mit etwas über drei Arten (p<0.05, exakter U-Test) und derjenigen in den Mischwäldern mit zwischen vier und fünf Arten (p<0.05, exakter U-Test). Zwischen den Buchenwäldern und den Mischwäldern konnte kein Unterschied in der Artenzahl pro Probefläche festgestellt werden (p>0.1, exakter U-Test).

Zählt man die erst im Jahr 1996 gefundene Art Lumbricus polyphemus zu den im Jahr 1995 festgestellten Arten dazu, wurden insgesamt dreizehn Arten innerhalb des Waldes festgestellt. Im Vergleich zu den Untersuchungen von Daniel (1991) in den Wäldern des Kantons Zürich und von Bieri et al. (1983) in verschiedenen Waldböden der Schweiz wurden im Sihlwald die Arten Lumbricus rubellus, Allolobophora riparia, Allolobophora icterica, Dendrobaena octaedra, Dendrobaena pygmaea und Dendrobaena subrubicunda nicht festgestellt (oder wurden nicht identifiziert). Zusätzlich wurde die Art Lumbricus moliboeus festgestellt. Die beiden Individuen dieser montanen Art (Bouché 1972) wurden in feuchter Laubstreu auf 540 respektive 610 m ü.M. gefunden. Die drei Individuen der Gattung Nicodrilus, die nicht eindeutig bestimmt werden konnten, wiesen eine Länge von annähernd 20 bis zu 25 cm auf. Sie lagen in Ihren Merkmalen nahe bei Nicodrilus nocturnus.

Tab. 3: Individuendichte der Regenwurmarten im Sihlwald nach Fundorten.
Angegeben ist die Anzahl Individuen pro m2 der im Jahr 1995 gefangenen und bestimmten adulten und juvenilen Regenwürmer, sowie die relativen Häufigkeiten (rel. H.) der Regenwurmarten im Wald.

 

 

Fett-
wiese

Fichten
wald

Buchen-
wald

Misch
wald

Ø Wald

Stichprobenzahl

4

32

32

54

 

rel. H.

Octolasion sp.

2.0

2.3

4.5

12.6

7.6

23.7%

Lumbricus terrestris

30.0

0.5

1.8

9.9

5.2

16.1%

Octolasion tyrtaeum

 

1.3

0.5

7.1

3.7

11.7%

Octolasion cyaneum

 

0.3

3.5

3.6

2.6

8.3%

Allolobophora rosea

4.0

1.0

1.0

4.6

2.6

8.3%

unbestimmte juv.

2.0

0.3

0.8

5.2

2.6

8.3%

Lumbricus sp.

 

0.3

5.3

0.9

1.9

5.9%

Lumbricus castaneus

4.0

 

5.3

0.3

1.6

4.9%

Nicodrilus sp.

8.0

 

1.0

2.4

1.4

4.4%

Nicodrilus nocturnus

16.0

 

1.5

1.5

1.1

3.4%

Allolobophora sp.

 

0.3

 

1.5

0.7

2.3%

Nicodrilus caliginosus

14.0

0.3

 

0.4

0.3

0.8%

Lumbricus meliboeus

 

 

0.3

0.1

0.1

0.4%

Dendrobaena rubida

 

0.3

0.3

 

0.1

0.4%

Dendrobaena/Dendodrilus sp.

 

0.3

 

0.1

0.1

0.4%

Allolobophora chlorotica

 

 

 

0.1

0.1

0.2%

Nicodrilus longus

4.0

 

 

0.3

0.1

0.2%

Eiseniella tetraedra

 

 

 

0.1

0.1

0.2%

Lumbricus rubellus

4.0

 

 

 

 

 

Summe

88.0

6.8

25.5

50.8

31.9

 

4.2 Regenwurmdichte in den verschiedenen Waldtypen

Wie aus Tab. 4 und Abb. 7 (Seite 26) hervorgeht, wurde in den Mischwäldern die höchste Wurmdichte festgestellt. Durchschnittlich wurden 44.2 Individuen pro m2 gefunden. Dies war deutlich mehr als in den Fichtenwäldern mit 8 Individuen pro m2 (p<0.05, Wilcoxon). Auch die Buchenwälder mit 23.2 Individuen pro m2 wiesen eine geringere Dichte als die Mischwälder auf (p<0.05, Wilcoxon). Zwischen Fichten- und Buchenwäldern konnte kein eindeutiger Unterschied bezüglich Individuendichte festgestellt werden (p<0.1, Wilcoxon).

  

Tab. 4: Mittlere Regenwurmdichte in den drei Waldtypen.
Angegeben sind die Anzahl Individuen pro m2. F1-F6, B1-B6, M4-M6: n=8; M1-M3: n=12.

Probefläche

Fichtenwälder

Buchenwälder

Mischwälder

F1, B1, M1

3

43

42

F2, B2, M2

21

27

80

F3, B3, M3

1

6

21

F4, B4, M4

2

26

53

F5, B5, M5

16

22

16

F6, B6, M6

5

15

53

Ø

8.0

23.2

44.2

 

 

Die Fettwiese wies mit durchschnittlich 88 Individuen pro m2 eine Dichte auf, die leicht über derjenigen im Mischwald M2 lag, der mit einem Mittelwert von 80 Individuen pro m2 die höchste Regenwurmdichte im Wald aufwies. Die Einzelstichprobe mit der höchsten Individuenzahl wurde am 15. August 1995 innerhalb des Mischwalds M2 entnommen (Tab. 10). Dabei wurden 29 Individuen gefangen, was bei einer Stichprobenfläche von 1/8 m2 der Regenwurmdichte von 232 Individuen pro m2 entspricht!

 

Abb. 7: Mittlere Regenwurmdichte in den verschiedenen Waldypen.
Boxplot mit Minimum, 1. Quantilgrenze, Median, 2. Quantilgrenze und Maximum.
n=6, Mittelwerte der Probeflächen, Stichproben 1-8(-12);
*: signifikante Unterschiede, p<0.05; +: nicht signifikante Unterschiede, p<0.1

 

Abb. 8: Mittleres Regenwurmbiovolumen in den verschiedenen Waldtypen.
Boxplot mit Minimum, 1. Quantilgrenze, Median, 2. Quantilgrenze und Maximum.
n=6; Mittelwerte der Probeflächen, Stichproben 1-8(-12);
*: signifikante Unterschiede, p<0.05

4.3 Regenwurmbiovolumen in den verschiedenen Waldtypen

Analog zur Individuenzahl wurde in den Mischwäldern das höchste Biovolumen an Regenwürmern festgestellt (Tab. 5; Abb 8). Pro m2 wurde ein Regenwurmbiovolumen von 48.0 ml gefunden. In den Buchenwäldern war das Biovolumen mit 21.2 ml pro m2 (p<0.05 Wilcoxon) und in den Fichtenwäldern mit nur 6.3 ml pro m2 (p<0.05, Wilcoxon) geringer. Auch der Unterschied zwischen Fichten- und Buchenwäldern erwies sich als signifikant (p<0.05 Wilcoxon).

 

Tab. 5: Mittleres Biovolumen an Regenwürmern pro m2 in den drei Waldtypen.
Angegeben ist das Volumen in ml pro m2. F1-F6, B1-B6, M4-M6: n=8; M1-M3: n=12.

Probefläche

Fichtenwald

Buchenwald

Mischwald

F1, B1, M1

0.6

12.0

49.5

F2, B2, M2

15.5

34.6

85.0

F3, B3, M3

0.1

2.2

21.0

F4, B4, M4

0.6

55.0

70.5

F5, B5, M5

11.0

12.2

7.0

F6, B6, M6

9.1

10.6

54.6

Ø

6.4

21.1

48.0

 

Auf der Wiese wurde ein Biovolumen von 109 ml / m2 festgestellt, was etwas über dem durchschnittlichen Biovolumen des Mischwaldes M2 lag. Die schon oben erwähnte Einzelstichprobe vom 15. August 1995 innerhalb des Mischwalds M2 mit der höchsten Individuenzahl wies auch das grösste Biovolumen an Regenwürmern auf. Umgerechnet wurde bei dieser Extraktion ein Biovolumen von 200 ml pro m2 festgestellt.

4.4 Jahreszeitliche Veränderungen des Regenwurmangebots

Der Einfluss der Jahreszeit auf die Regenwurmfauna wurde nur während des ersten Untersuchungszeitraums in drei Probeflächen der Mischwälder auf extensiver Basis untersucht. Wie in Kapitel 3.4 erwähnt, wurden dazu auf der gleichen Probefläche während zwei aufeinander folgenden Perioden von je sechs Wochen Extraktionen durchgeführt. Dabei konnte innerhalb des untersuchten Zeitraums eine Veränderung der Individuendichte festgestellt werden (Abb. 9). Die Individuenzahl nahm von der dritten Sechswochenperiode zwischen Mitte August und Ende September 1995 zur vierten Sechswochenperiode zwischen Ende September und Mitte November signifikant ab (p<0.05, exakter U-Test). Das Biovolumen veränderte sich in diesem Zeitraum in den Mischwäldern nicht (Abb. 10).

 

Abb. 9: Jahreszeitliche Veränderung der Regenwurmdichte in Mischwäldern.
*: signifikante Unterschiede; p<0.05; 1) n=8; 2) n=4.

 

 

 

Abb. 10: Jahreszeitliche Veränderung des Biovolumens in Mischwäldern.
1) n=8; 2) n=4.

 

4.5 Oberflächenaktivität der Regenwürmer

Direktbeobachtungen von oberflächenaktiven Regenwürmern gelangen in milden, feuchten Nächten. Bei diesen in wenigen Nächten gemachten Direktbeobachtungen wurden in Mischwäldern maximal zwei Regenwürmer pro m2 an der Bodenoberfläche festgestellt. In stark von Buchen dominierten Wäldern wurden noch weniger Regenwürmer an der Bodenoberfläche entdeckt, in Fichtenforsten keine. Diese Unterschiede wurden aufgrund der kleinen Datenmenge nicht statistisch überprüft.

Die Handauslese der Laubstreu vor den Regenwurmextraktionen brachte nur selten einige epigäische Regenwurmarten zu Tage. Es wurden in allen Waldtypen Regenwürmer in der Laubstreu gefunden, die Anzahl der gefundenen Regenwürmer war mit maximal zwei Würmern pro Probefläche aber sehr gering. Weitere Auswertungen der Regenwurmdichte in der Laubstreu (epigäische Arten) waren mit diesen kleinen Werten nicht möglich.


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