Vorhergehendes Kapitel - Nächstes Kapitel - Inhaltsverzeichnis


2. Untersuchungsgebiet


Die rund 10 km2 grosse als Naturlandschaft Sihlwald ausgeschiedene Fläche ­ mein Untersuchungsgebiet - liegt im Bereich des grössten Laubmischwaldes des schweizerischen Mittellandes und befindet sich rund 10 km südlich der Stadt Zürich. Die Waldfläche liegt an der Ostflanke der von SSE nach NNW verlaufenden Albiskette zwischen 831' und 835'E sowie 4713' und 4717'N. Sie wird im Osten von der Sihl, einer Eisenbahnlinie und der Sihltalstrasse abgegrenzt. Die Höhenausdehnung erstreckt sich von rund 500 müM. an der Sihltalsohle bis auf gut 900m auf dem Albisgrat. Der Sihlwald hat entlang der Sihl und oben an der Krete sehr steile Gebiete und dazwischen auf etwa 600m mehrere Plateaus, die von vielen Bächen durchfurcht sind. Der Nordteil ist wegen der grösseren Distanz zwischen Sihl und Albisgrat deutlich flacher ausgestaltet. Der Sihlwald wird als recht naturnah eingestuft. Die Vegetation besteht mehrheitlich aus Buchenwaldgesellschaften, in feuchteren Lagen aus Ahorn-Eschenwald, doch sind auch einzelne Fichteneinschläge zu finden.

Die ganze Albiskette, die im Bundesinventar der Landschaften von Nationaler Bedeutung aufgenommen und im Naturschutz-Gesamtkonzept des Kantons Zürich als Naturschutz-Schwerpunktsgebiet und Landschafts-Förderungsgebiet bezeichnet ist, wird als Naherholungsgebiet vor allem in den Kammlagen von Spaziergängern, aber auch von Velofahrern und Reitern genutzt. Es hat ein dementsprechend dichtes und gut ausgebautes Wegnetz mit den Haupteingangsgebieten Albispass und den Bahnstationen Sihlwald und Sihlbrugg. Im ganzen Sihlwald wird ausserdem Revierjagd ausgeübt, bei der jährlich um 50 Rehe erlegt werden.

Im Westen grenzt der Sihlwald und seine beiden Ausläufer Huserberg und Ebertswilerholz an Kulturland, das grösstenteils aus Weiden und Wiesen mit einigen Mais- und Getreidefeldern besteht. Die Waldränder sind oft harte Grenzlinien, fliessende Übergänge mit Busch- und Strauchgürteln fehlen weitgehend. Bei Türlen und Husertal sind zwei Flächen fest als Schafweiden eingezäunt, ansonsten sind alle Gebiete für Rehe frei zugänglich.

Die durchschnittlichen Jahresniederschläge sind mit 1350mm im Sihlwald etwas höher als in der Stadt Zürich. Der in meiner Feldperiode liegende Herbst '93 war jedoch gekennzeichnet durch sehr starke Niederschläge, die u.a. in Brig und im Tessin zu Überschwemmungen führten. Im Winter war es recht mild ohne extreme Kältewellen, dafür mit überdurchschnittlich vielen Niederschlägen, die in den Niederungen meist als Regen ausfielen. Die Schneegrenze lag oft mitten im Untersuchungsgebiet auf 6-700m Höhe. Der März war sehr warm, und Mitte Mai traten schon die nächsten Hochwasser und Überschwemmungen auf. Der Sommer '94 war auf der Alpennordseite der zweitwärmste seit 240 Jahren.

Die weitere Umgebung des Sihlwaldes und des ganzen allgemein naturnahen und stark bewaldeten Albisgrates zeigt für das schweizerische Mittelland und agglomerationsnahe Gebiete charakteristische Strukturen samt intensiver Landwirtschaft, teilweise hoher Siedlungsdichte und einem engen Netz von Verkehrsträgern.

Vor allem in den letzten 30 Jahren erfolgte hier eine Entwicklung, welche die Ausbreitungs- und Durchmischungsmöglichkeiten der Rehe beeinflussen. Neben einer regen privaten Bautätigkeit sind auch mehrere Autobahnprojekte realisiert worden. Eines davon (N4 Knonau) soll nun doch noch fertig gestellt werden - nach fast 20jähriger Baupause. Dieses Umfeld und die für Rehe geschätzte Durchlässigkeit des Gebietes zeigt Abbildung 1. Dabei wurde aufgrund der Arealstatistiken 1972 und 1985 (GEOSTAT 1992) und dem Autobahnnetz berechnet, welche Gebiete vom Sihlwald aus für Rehe 1965 und 1983 hypothetisch zugänglich waren. Diese Abbildung ist keine Feinanalyse, sondern soll einen Eindruck vermitteln, wie gross die Veränderungen in dieser Landschaft sind, und wie wichtig schon heute gewisse Verbindungen (z.B. östlich von Sihlbrugg) für Rehpopulationen sein können. Solche Betrachtungen sind auch bei der Etablierung einer Naturlandschaft, die den Charakter eines Nationalparks annehmen könnte, von hoher Bedeutung.


Vorhergehendes Kapitel - Nächstes Kapitel - Inhaltsverzeichnis