1.
Einleitung
1.1. Zur Einführung
Das Bewusstsein über die
Unersetzlichkeit des Bodens verdient je länger je mehr Aufmerksamkeit. In
forstlichen Belangen sind nicht nur Kenntnisse über die Waldfunktionen,
sondern auch die Standortverhältnisse von grosser Bedeutung. Dabei sind
Bodenkarten eine wertvolle Hilfe. Die Herstellung einer informativen,
allgemeinverständlichen Bodenkarte setzt das sorgfältige
Zusammentragen von Grundlagenmaterial und viele Stunden Feldarbeit voraus. Dabei
werden höchstens für Teilaspekte (z.B. die digitale Reliefanalyse)
automatische Prozesse angewendet. An dieser Stelle weise ich auf die Arbeit von
FRIEDRICH (1996) hin. Damit die Bodenkarten nicht nur analog zur Verfügung
stehen, müssen sie für die Anwendung mit GIS erst einmal digitalisiert
werden. Die hier angedeuteten Arbeiten sind teuer und
zeitintensiv.
Im Kanton Zürich liegen für die
landwirtschaftliche Zone Bodenkarten vor. Die Waldzone wurde aus
Kostengründen zurückgestellt. Jedoch wurden im Kanton Zürich
zwischen 1982 und 1988 alle Wälder nach den Grundlagen der
Standortkartierung vegetationskundlich aufgenommen. Geographische
Informationssysteme eignen sich zur Untersuchung komplexer Fragestellungen, da
sie grosse Mengen räumlich referenzierter Daten miteinander in Beziehung
bringen. In diesem Sinne sind sie auch das Hauptwerkzeug für den
datenverarbeitenden Teil der Arbeit. Mit einem Geographische Informationssystem
können die in digitaler Form vorliegenden Vegetationsdaten mit den noch zu
erhebenden Bodendaten verarbeitet und in Beziehung gebracht werden, um damit
eine Bodenkarte zu modellieren. Von dieser Situation leitet sich die nachfolgend
aufgeführte Problemstellung ab.
Da für einen statistischen Ansatz
zuwenig Daten vorliegen, wird die Problemstellung graphisch und qualitativ
angegangen.
1.2. Problemstellung und Zielsetzung
Die folgende Problemstellung war für
diese Arbeit zentral:
Mit welchen Geländedaten lässt
sich eine Bodenkarte mit einem geographischen Informationssystem
realisieren?
Das erste der unten aufgelisteten Ziele ist
eine Voraussetzung, damit die zweite Zielsetzung erreicht werden
kann.
- Das erste Ziel der Arbeit besteht darin, in einem
Testgebiet der Naturlandschaft Sihlwald eine Bodenkarte zu
erstellen.
- Das zweite Ziel ist,
Grundlagen eines Verfahren zu entwickeln, um damit eine Bodenkarte der
Naturlandschaft Sihlwald zu
modellieren.
Als Basisdaten
stehen die digitalen Daten des geographischen Informationssystems NLS (GIS/NLS)
zur Verfügung.
Für die Modellierung einer Bodenkarte
mit GIS stellen sich folgende Fragen:
- Müssen neben dem
Einbezug der Standortkarte noch weitere Parameter hinzugezogen
werden?
- Welche
Parameter sind das?
- Wie
stark ist der Einfluss der einzelnen
Parameter?
Gründe
für meine Untersuchungen in der Naturlandschaft Sihlwald
Seit 1986 sind schon zahlreiche Studien
über die Naturlandschaft Sihlwald angefertigt worden. Das sind
Grundlagearbeiten zur Unterstützung des Konzeptes, wie auch Diplom- und
Doktorarbeiten. Zu den Basisstudien und abgeschlossenen Arbeiten gehören u.
a. folgende Berichte:
- BGU (1988): Naturlandschaft
Sihlwald, Studienbereich A,
Vegetation.
- Büro
persihl (1996): Beiträge zur Naturlandschaft Sihlwald. Eine Auftragsarbeit
der Stiftung Naturlandschaft
Sihlwald.
- Stoffel, A.
(1992): GIS als Instrument zur ökologischen
Wertanalyse.
- Imfeld, S.
(1996): Tages- und jahreszeitliche Verteilungsmuster des Rehs C. Capreolus im
Sihlwald.
Die Datenvielfalt, ein
grosser Teil steht in digitaler Form im GIS/NLS zur Verfügung, machen die
Naturlandschaft Sihlwald als Untersuchungsgebiet attraktiv. Ebenso das Projekt
"Bodenkarte Naturlandschaft Sihlwald" von A. Pazeller, das im Frühjahr 1998
startete. Seit Januar 1999 werden die Digitaldaten der Naturlandschaft Sihlwald
betreut, und sie können offiziell als geographisches Informationssystem
"GIS/NLS" bezeichnet werden.
Die im folgenden aufgeführten
Datensätze stehen im GIS/NLS zur Verfügung:
- Pflanzensoziologische Karte
Sihlwald (= Karte der natürlichen potentiellen
Vegetation)
- Geländemodell
(ab 1:5'000
Plan)
- Geolog. Karte
(1:5'000, Kartensammlung
ETH)
- Gewässernetz
(ab 1:5'000 Plan, nicht
attributiert)
- Gewässer
(Polygonstruktur) (ab 1:5'000 Plan, nicht
attributiert)
- Höhenkurven
1:5'000, 10m
Äquidistanz
- Wegnetz
(ab Ortofotoplan, ergänzt anhand
1:5'000)
- Waldbestand
- Forstliche
Abteilungsgrenzen
- Höhenkoten
1:5'000
- Ornithologisches
Inventar Sihlwald 1987/88 (W.
Müller)
- Stichprobeninventar
(Stichprobenraster im GIS, Daten als dBASE Datei, jedoch nicht alle Daten
eingegeben)
- Voloscuk
Klassierung
- Karte der
Region Horgen 1:10'000 (ein Band)
eingescannt
Die oben
aufgeführten Arbeiten und Daten weisen auf einen grossen Informationspool
hin. Auffallend ist jedoch, dass bis heute keine Arbeit zur Bodenbeschaffenheit
in der Naturlandschaft Sihlwald vorliegt. Eine Ausnahme bildet das Profil
'Wüesttobel', welches in den Physikalischen Eigenschaften von Böden
der Schweiz (RICHARD et al., 1981) beschrieben ist. Bei dieser Aufnahme
handelt es sich um eine exakte Profilansprache einer typischen Lokalform. Das
Manko der fehlenden Bodeninformationen gilt es aufzugreifen und die vorliegenden
Daten auf ihre Brauchbarkeit für Bodenfragen zu
analysieren.
Die Vegetation wurde für den ganzen
Kanton Zürich aufgenommen. Sowohl auf landwirtschaftlichen Gebieten, wie
auch in Waldregionen. Die Waldgebiete des Kanton Zürichs wurden in den
Jahren 1983 bis 1988 durch die Beratungsgemeinschaft für Umweltfragen (BGU)
im Auftrag des Oberforstamtes des Kantons Zürich und des Amtes für
Raumplanung Zürich vegetationskundlich kartiert. Die Naturlandschaft
Sihlwald wurde 1986/87 aufgenommen. Es wurde jedoch kleinflächiger
gearbeitet, als im übrigen Kanton. Dabei entstand die Pflanzensoziologische
Karte Sihlwald. (Näheres zu den Vegetationsaufnahmen siehe Kapitel
2.3).
Die Standortkarte, wie die Pflanzensoziologische Karte auch genannt wird, bildet
die Grundlage für die
Bodenmodellierung.
1.3. Das
Untersuchungsgebiet
1.3.1. Die Lage
Die Lage und die Ausdehnung der
Naturlandschaft Sihlwald ist in der Übersichtskarte Abb. 26, S. 65 zu
sehen.
Die Naturlandschaft Sihlwald mit einer
Fläche von ca. 1000 ha, liegt im Bereich des grössten Laubmischwaldes
des Schweizer Mittellandes und befindet sich rund 10 km südlich der Stadt
Zürich. Das Gebiet an der Ostflanke der Albiskette erstreckt sich vom
Albisgrat im Westen bis zur Sihl im Osten. Im Norden liegt die Grenze bei der
Ortschaft Langnau, im Süden bei Sihlbrugg. Die Höhenausdehnung geht
von 400 m. ü .M. an der Sihltalsohle bis auf gut 900 m. ü. M. auf dem
Albisgrat. Die Exposition zeigt für die ganze Region auf NNE. Entlang der
Sihl und des Grates weist das Gebiet sehr steile Regionen mit Neigungen zwischen
50 - 70% (ca. 26 - 35 Grad) auf. Dazwischen, auf etwa 600 m. ü.
M., liegen mehrere Terrassen, welche von vielen markanten Bachläufen
begrenzt werden. Die Terrassen und einige Gebiete entlang der Sihl sind die
einzigen ebenen Flächen (Neigung <20 %, ca. 11.5 °) in der
Naturlandschaft
Sihlwald.
1.3.2. Die Vegetation
Die Artenvielfalt der
Pflanzengesellschaften in der Naturlandschaft Sihlwald ist für das
Schweizer Mittelland einmalig. Die Vegetation besteht mehrheitlich aus
Buchenwaldgesellschaften und in feuchteren Lagen aus Ahorn-Eschenwald.
Vereinzelt sind auch Fichteneinschläge zu finden. Neben waldfreien
Mergelfluren wachsen auf instabilen Mergelsteilhängen
Föhrenwälder auf wechselfeuchten, mit wenig Humus angereicherten
Böden, wechseltrockene Buchenmischwälder auf stabilisierteren
Böden, feuchtere Buchenwälder auf gut entwickelten Böden mit
Hangwassereinfluss, Eschen- und Erlenmischwälder in Tälern, Runsen,
Bachtobeln und an Hangfüssen mit länger vernässten Böden und
Hangriedwiesen sowie Quellmoore am Fusse von Steilhängen (LANDOLT 1978).
Der Sihlwald wird ziemlich naturnah eingestuft. Für die ganze Fläche
wurden 48 verschiedene Waldgesellschaften kartiert. Die Kartierung beruht auf
der Einteilung der Vegetationsgesellschaften nach ELLENBERG und KLÖTZLI
(1972). Der Nordteil ist aufgrund der grösseren Distanz zwischen Sihl und
Albisgrat deutlich flacher ausgestaltet. Die durchschnittlichen
Jahresniederschläge sind mit etwa 1200mm/Jahr etwas höher als in der
Stadt Zürich. Dies entspricht einem feuchten Klima.
Die
Geologie
Vom Sihlsprung bis Zürich ist die Sihl
in die obere Süsswassermolasse eingetieft. Die obere Süsswassermolasse
stammt von den Schüttungen des Hörnlifächers. Im Sihlwald
herrschen vor allem Sandstein und Mergel vor. Vereinzelt sind aber auch
Nagelfluhbänke und Sandbänke aus mit Kalk verkitteten
Quarzkörnchen und Glimmerplättchen zu finden. Zum Teil ragen Knauer
(unregelmässig geformte, auch plattige bis kugelige Gebilde aus
verhärteten Sandsteinpartien) aus den weichen, zerreibbaren Sandmassen
heraus → die sogenannte Knauermolasse. Über der oberen
Süsswassermolasse finden sich Jungmoränen und Niederterrassenschotter
aus der Würm-Kaltzeit. (Die Moränen sind aus grobem bis feinem,
eckigen Blockschutt, dieser ist unregelmässig mit Sand vermischt.) Das
Material stammt vor allem vom Linthgletscher, aber auch vom Rheingletscher. Der
Albisgrat war in der Würm-Kaltzeit ein Nunataker, also eisfrei. Die
Nacheiszeit oder Alluvialzeit war von grossen Hangrutschungen als Folge von
Unterspühlungen geprägt. Kleine Seitenbäche rissen Breschen in
den Molassehang des Albis. Die "Jugendlichkeit" der Sihllandschaft ist eine
Folge der spätglazialen Hebung des Alpenrandes. Der Albisosthang ist von
Sihlbrugg bis Albisrieden in Zürich von vielen Rutsch- und Bergsturzmassen
geprägt. Diese Sackungsmassen sind von vielen Wildbächen
durchschnitten und teilweise von Jungmoränen bedeckt. Daraus folgt, dass
sie älter als die letzte Eiszeit sind, wahrscheinlich stammen sie aus dem
letzten Interglazial. Auf etwa 800m Höhe liegt eine durchgehende
Abrissnische, deutlich markiert von Nackentälchen und kleinen Terrassen mit
versumpften Stellen. Die Sihl wird davon an den gegenüberliegenden Berg
gedrängt, die Gegend ist bis heute noch nicht zur Ruhe gekommen (SUTER,
1956).
1.3.4. Der Boden
Welche Bodentypen können in der
Naturlandschaft Sihlwald erwartet werden?
In der Naturlandschaft Sihlwald werden
Bodentypen der sauren Braunerden, stark erodierte Formen, wie Rohböden, von
Stau- oder Grundwasser geprägte Böden, Pseudogley oder Gley, erwartet.
Im Kapitel 4.1.1 sind
die überprüften Bodentypen des Testgebietes
aufgeführt.
Im nachfolgenden Abschnitt sind die
Ausführungen von GROSSMANN (1965:7) zur Bodenbeschaffenheit in der
Naturlandschaft Sihlwald beschrieben:
Die reinen Sandsteingebiete liefern einen
mageren und trockenen Boden, der meist von Föhren, Bergföhren und
Mehlbeerbäumen bestockt ist. Die Mergel führen zu tiefgründigen
und frischen Böden, mit einer latenten Gefahr zur Vernässung. Trotzdem
eignen sie sich zum Anbau von anspruchsvolleren Holzarten und für die
Landwirtschaft. Verschwemmte, abgerutschte und abgestürzte Molasse- und
Mergelpartien finden sich als Zwischenglieder. Diese sind von ausserordentlicher
wechselnder Gründigkeit und Fruchtbarkeit. Die Böden als Träger
des Pflanzenkleides gehören zur Braunerdeserie, die je nach Untergrund
lehmig, tonig, sandig oder kiesig ausgebildet ist. Nur bei sehr kalkreichen
Mergeln sind Rendzinen entstanden. Im allgemeinen treffen wir eher
tiefgründige Böden mit lebhafter Tätigkeit der Bodenfauna und
-flora, mit gutem Abbau der Streudecke und mit daraus resultierender
krümeliger Struktur. Auf älteren oder trockeneren Böden mit
Auswaschung hat sich saurer Rohhumus gebildet, insbesondere dann, wenn schon
lange Rottannen oder Föhren die Bestockung bildeten oder Kahlschläge
durchgeführt wurden.